Wie wir bereits wissen, kann das Wort „Toldot“ (Nachkommen) zweifach interpretiert werden: biologische Sprösslinge und gute Taten. In unserem Vers heißt es: Das sind die Nachkommen Itzchaks, Sohn des Awraham; Awraham zeugte den Itzchak. Wem also hatte Itzchak seine „Nachkommen“ zu verdanken? – Seinem Vater Awraham, d.h. der besonderen Erziehung, die dieser seinem Sohn schenkte.

Zwei Ereignisse waren bei der Erziehung Itzchaks ausschlaggebend: seine Beschneidung im Alter von acht Tagen und seine Bar Mitzwa mit dreizehn Jahren.

Wer zerdrückt wen?

Zu beiden Ereignissen beging Awraham ein großes Fest, bei dem die Prominenz jener Zeit eingeladen war. Alle Könige, Fürsten und Adelige nahmen an Awrahams Freude teil. Auch der Riese Og, Herrscher über Baschan, erschien zu diesen Feiern, aber mit völlig anderen Absichten.

In Gegenwart der wichtigen Gesellschaft spottete er über den neugeborenen Itzchak und protzte hochmütig: „Deinen so wichtigen, einzigen Sohn, Awraham, kann ich mit meinem kleinen Finger zerdrücken!“ Und der ausgewachsene Riese Og konnte wortwörtlich genommen werden.

In derselben Nacht erschien G-tt Og im Traum und verkündete ihm: „Noch zu deinen Lebzeiten wirst du von tausenden und hunderttausenden Nachkommen Itzchaks erfahren und letzten Endes in ihre Hände fallen!“

Diese Auseinandersetzung zwischen dem g-ttestreuen Juden und der nichtjüdischen Welt verfolgt wie ein Schatten den Juden.

Und wann bricht dieser Konflikt aus? Gerade dann, wenn es um den Weiterbestand des jüdischen Volkes geht, die Fortsetzung der jüdischen Identität, welche ihren Ausdruck in der Beschneidung, dem Bund des Juden mit G-tt auf Lebzeiten, und der Bar Mitzwa findet, bei der nun der jüdische Knabe der Gebote pflichtig wird und so den Weg seiner Väter fortsetzt. Ihm gegenüber steht die große Welt mit der Botschaft: „In meiner Möglichkeit liegt es dein Judentum mit meinem kleinen Finger zu zerdrücken!“

Allein gegen alle

Awraham wandelte alleine auf seinem Weg. Unter den Völkern der Welt trug er sogar einen Spitznamen, nämlich „der Hebräer“ – „der auf der einen Seite Stehende“, denn er stand mit dem Monotheismus auf der einen Seite, während die ganze Welt mit einer völlig anderen Weltsicht sich ihm gegenüber positionierte. Wie gering mussten die Chancen Awrahams gewesen sein?

Doch Awraham schreckte nicht zurück und verbreitete unter allen Menschen, dass „G-tt die Welt sei“! G-tt ist nicht nur „G-tt der Welt“, welches als ein Zustand einer selbstständigen Welt und eines Herrschers über sie interpretiert werden könnte, sondern G-tt selber bildet die Welt, denn ihr ganzes Sein ist nur Ausdruck der g-ttlichen Kraft!

Die Überlieferung geht weiter

Awraham verdiente sich mit seiner Weltsicht das Versprechen G-ttes, dass tausende und hunderttausende seinen Weg weiterführen und Eroberer der Feinde Israels sein werden. Auf diesen Grundsätzen erzog er seinen Sohn Itzchak, welcher dadurch prächtige „Nachkommen“ zur Welt brachte – die Fortsetzung seines Vaters Wegs!

Worin liegt der Unterschied zwischen dem „großwüchsigen Og“ und der heutigen Welt? In Wirklichkeit ist sie nicht weniger furchterregend als jener Riese, der ein kleines Kind zu zerdrücken drohte. In der „modernen“ Gesellschaft ist kein Platz für ein „veraltetes“ Judentum. Kuriose Mitzwot und Gebräuche, die mit der „allumfassenden“ Weltsicht des „modernen“ Menschen nicht im Einklang stehen, gelten sofort als untauglich; und in Wahrheit ist dies nur, weil der Mensch nicht begreifen will, dass er in seiner Begrenztheit nicht alles erfassen kann, und vor allem nicht die Tiefe des g-ttlichen Willens – die Thora und ihre Mitzwot!

Nicht die moderne Weltanschauung soll sich der Jude zu Herzen nehmen, sondern die Wege seiner Väter stolz sein Judentum auszuleben!

(Likutej Sichot, Band 1, Seite 34)