Vorige Woche haben wir in unserem Toraabschnitt vom misslungenen Versuch Bilams, das jüdische Volk zu verfluchen, gelesen. Doch gleich im Anschluss daran folgte ein beunruhigendes Ereignis. Die Midjaniter versuchten - nachdem weder klassische Kriegführung noch der Versuch eines Fluches gelungen war - das Volk der Juden durch die Verführungskraft midjanitischer Frauen auf Abwege zu bringen.

Eine Zeitlang sah es so aus, als würde dieser Weg gelingen, und er forderte auch schon eine große Zahl von Opfern, bis Pinchas die Initiative ergriff. Er richtete kurzerhand einen besonders frechen Übeltäter gemeinsam mit dessen midjanitischer Partnerin hin, und wandte so G-ttes Zorn von den Kindern Israels ab.

Eifrige Kontroverse

Da diese eifrige - vielleicht übereifrige? - Tat auch Irritationen auslösen musste, ist einleuchtend, dass es noch einer Klarstellung bedarf, ob die Aktion des Pinchas überhaupt richtig war.

Nun, am Beginn unseres Leseabschnittes dieser Woche, erfahren wir ausdrücklich dass G-tt dem Pinchas recht gibt. Mehr noch - Pinchas erhält als besonderen „Bund des Friedens" die Priesterwürde. Das ist zunächst ein höchst überraschendes Geschenk, denn niemand kann einfach so Priester werden. Priester kann nur sein, wer bereits als solcher geboren wurde. Wie konnte Pinchas als Geschenk für seine Tat Priesterwürde erhalten?

Priesterwürde als Geschenk?

Einen Teil der Antwort kann man darin finden, dass Pinchas als Nachkomme des Aaron von vorne herein zum Priester geeignet war. - Jedoch war er schon geboren, als die Priesterschaft für Aarons Familie eingeführt wurde. Somit hatte die Regel, dass die Priesterschaft auf die Söhne vererbt wird, zunächst keine Anwendung auf ihn gefunden. Nun zeigte sein Verhalten, dass er dieses Amtes nicht weniger würdig war, und er bekam es zugesprochen. Doch das ist noch nicht die ganze Erklärung.

Der Lubawitscher Rebbe weist noch auf eine zusätzliche Dimension dieses Ereignisses hin: Der Eifer des Pinchas ging in außergewöhnlicher Weise über die Grenzen rationalen Kalküls hinaus. Tatsächlich riskierte er mit seinem Einsatz sein Leben, und das, obwohl er sich ganz leicht um eine Stellungnahme hätte herumdrücken können. Da er gar nicht in einer Führungsposition war, hätte ihm niemand einen Vorwurf gemacht, hätte er einfach nichts getan!

Pinchas besondere Motivation war sein innerstes Bedürfnis, den Zorn G-ttes vom jüdischen Volk abzuhalten. Dafür setzte er seine eigenen Interessen hintan und widmete sich ganz der Ausführung des Willens G-ttes. Diese völlige Hingabe, jenseits vernunftgeleiteter Erwägungen, war es, die ihm auch eine besondere Antwort, jenseits der natürlichen Rahmenbedingungen, bescherte - den Erhalt der Priesterschaft.

Friedensstifter aus Überzeugung

In rabbinischen Quellen wird die Seele des Pinchas oft mit der des Propheten Elijahu gleichgesetzt. Auch Elijahu war besonders eifrig in seiner Hingabe an G-ttes Willen. Doch Elijahu empfand seinen Eifer als einen Gegensatz zu der - wie er meinte zu nachlässigen - Haltung des jüdischen Volkes im allgemeinen. Doch diese Kritik wies G-tt zurück, und Elijahu wurde von ihm als „Engel des Bundes" eingesetzt, der bei jeder Brit Milah eines jüdischen Buben geistig anwesend ist, um das treue Einhalten des Bundes durch das jüdische Volk zu bezeugen.

Wir lernen daraus, dass der Eifer, der Pinchas und den Propheten Elijahu auszeichnete, mit der Eigenschaft der Nächstenliebe und dem Streben nach Frieden verbunden sein muss. Im Buch des Propheten Malachi wird beschrieben, dass Elijahu einst kommen wird, um Maschiach anzukündigen. Dann wird er „das Herz der Väter zu den Kindern und das Herz der Kinder zu den Vätern wenden". Der Zweck seines Kommens wird einzig und allein der sein, Frieden zu stiften.

So ist auch zu verstehen, dass der Bund, den Pinchas in unserem Wochenabschnitt als Belohnung für seinen Eifer bekommt, als „Bund des Friedens" bezeichnet wird. Der Eifer, G-ttes Willen zu erfüllen, muss sich mit dem Streben nach Frieden paaren.