Als die Juden noch mit Mosche durch die Wüste zogen, verführten einmal moabitische Frauen junge jüdische Männer. Der Allm-chtige war erzürnt und bestrafte sein Volk mit einer Seuche. Überall lagen Tote herum. Und zu allem Überfluss lebte Simri, ein Fürst vom Stamme Schimon, mit einer midianitischen Prinzessin namens Kosbi zusammen – und das vor den Augen von Mosche.

Da kam Pinchas, ein junger jüdischer Zelot, und tötete in echter zelotischer Tradition Simri und Kosbi. Plötzlich war die Seuche vorbei. Kein Jude starb mehr. Und G-tt erklärte, Pinchas sei kein Mörder, sondern ein Held, ein Verteidiger des Glaubens. Er verlieh ihm den ersten Friedenspreis der Welt: „Siehe, ich gebe ihm meinen Bund des Friedens.“ Er wurde zum Priester ernannt, und wie es einem Helden gebührt, erhielt ein Wochenabschnitt seinen Namen.

Ich bezweifle sehr, dass Dale Carnegie Pinchas als Vorbild für sein Buch „Wie man Freunde gewinnt“ verwenden würde. Und ich empfehle ganz bestimmt nicht, dass wir alle Sünder mit einem Speer durchbohren. Was in der alten Zeit richtig war, muss heute nicht richtig sein. Heute können wir die Auflösung unseres Volkes durch Assimilation und Mischehen nicht nach Pinchas’ Methode aufhalten.

Simri sündigte bewusst. Er wusste genau, dass sein Verhalten falsch war. Er wollte provozieren. Die meisten Menschen, die dem Judentum heute den Rücken kehren, tun das aus Unwissenheit. Sie wissen es einfach nicht besser. Niemand hat es ihnen beigebracht. Es ist nicht ihre Schuld. Wir können es nicht gutheißen, aber solche Menschen brauchen keine Vorwürfe, sondern spirituelle Appetitanreger. Sie müssen dringend aufgeklärt werden. Sie brauchen viel Liebe und Wärme, sie brauchen Menschen, die zu ihnen gehen und mit ihnen die Schönheit des Schabbats oder eine inspirierende Erfahrung in der Synagoge teilen. Zeigt ihnen unsere Jiddischkeit, zeigt ihnen, wie vernünftig sie ist, und sie wollen sie nicht mehr hergeben.

Aber wie lautet Pinchas’ Botschaft an unsere Zeit?

Manchmal, sogar heute, in unserer überempfindlichen, toleranten Gesellschaft, müssen wir standhaft bleiben und „Nein!“ sagen.

Jeder hat seine eigenen Probleme. Manche mit Jerusalem, andere mit Jom Kippur. Vielleicht müssen Sie darauf bestehen, dass der Freund Ihrer Tochter nicht bei ihr übernachtet. Es muss eine Grenze geben.

Meist sind Diplomatie und Ermutigung wirksamer als Streit. Wir bilden keine jüdischen Fundamentalisten aus, damit sie Abweichler umbringen. Doch manchmal müssen selbst Pazifisten wie wir intolerant wie Pinchas sein, aufbegehren und uns zählen lassen. Dann müssen auch wir sagen: „Tut mir Leid. Dieses Verhalten kann ich nicht hinnehmen. Das ist falsch. Hört auf!“

Selbst in unserer Okay-Generation ist nicht alles okay.