Ein Mann weist seinen zehnjährigen Sohn zurecht, weil er ein Versprechen nicht gehalten hat. Er erinnert den Jungen daran, dass er dieses Versprechen schon einige Male abgegeben und gebrochen hat. Der Mann ist wütend. Er schreit den Jungen an und verängstigt ihn.
“Es tut mir leid, Papa”, sagt der Junge. “Ich lerne noch.”
Vielleicht hätte der Vater das Gleiche zu seinem Sohn sagen sollen.
Wir alle lernen noch. Wenn die Leute sagen: “G-tt ist noch nicht fertig mit mir”, meinen sie oft: “Ich bin noch nicht fertig mit meinen Bemühungen, Seinen Erwartungen zu entsprechen.”
Wollen Sie wachsen, sich ändern? Glauben Sie, dass Sie in Ihrem vollen Terminkalender Zeit finden, um besser zu werden, noch eine Mizwa zu befolgen oder zwei oder zehn?
Im Toraabschnitt Wajischlach geschieht etwas Bemerkenswertes: Jakobs einzige Tochter, Dina, wird von Schechem, dem Sohn Chamors, geschändet. Jakob beklagt sich bei Chamor über die “üble Tat in Israel”. In Israel? Dieses Land gab es noch gar nicht. Die Stämme, aus denen Israel werden sollte, existierten ebenfalls nicht, weil sie erst von den zwölf Söhnen Jakobs gegründet wurden. Mosche war noch nicht geboren, und die Juden waren noch nicht am Berg Sinai gewesen, um das Gesetz zu empfangen.
Doch allmählich dämmerte die Erkenntnis, dass etwas im Gange war, schon seitdem G–tt zu Jakobs Großvater Abraham gesprochen hatte. Diese Menschen lernten Schritt für Schritt, die Welt mit neuen Augen zu sehen, sich selbst und andere zu respektieren, umsichtig und fair zu sein, moralische Regeln einzuhalten, einerlei, was sie begehrten oder wie viel Macht sie hatten.
Auch Jakob lernte, und er belehrte die Welt. Er kämpfte mit dem Engel, der ihn Israel nannte, und seitdem wurde sein Moralgefühl stärker. Im Gegensatz zu anderen mächtigen Männern rächte er sich nicht für Schechems böse Tat, sondern nahm Chamor und seine Familie in seinen Kreis auf. Er lud sie ein, sich beschneiden zu lassen und an einem kühnen religiösen Experiment teilzunehmen. Dieser allmähliche Wandel war das Fundament einer neuen Welt.
Sie haben Zeit. Sie haben eine Seele. Alles, was Sie noch brauchen, ist Bereitschaft. Öffnen Sie sich. Lernen Sie. Lassen Sie eine Mizwa in Ihr Leben, trotz allem, was andere tun. Dann werden auch die anderen lernen — von Ihnen!
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