Der Wind blies und dicke Schneeflocken fielen vom Himmel. Die Kinder der Familie Stern, Motti, Ari, Ester und der kleine Chaim, stampften mit ihrem Vater an diesem winterlichen Schabbat-Morgen durch den Schnee. Motti hielt sanft aber fest die Hand seines kleinen Bruders. Motti ging langsam, so dass Chaim mit ihm Schritt halten konnte.
Als alle darauf warteten, eine stark befahrene Straße zu überqueren, sagte Motti seinem Vater mit einem Lächeln, "Weißt du Papa, ich kann wirklich nachvollziehen, was unser Stammvater Jakob damit meinte, als er zu seinem Bruder Esau sagte, dass er ihn 'eines Tages' aufsuchen werde." Nachdem Esau Jakob dazu eingeladen hat, ihn in seiner Heimat am Har Seir zu besuchen, antwortete ihm Jakob: "Gehe schon mal voraus, Esau. Ich muss wegen meiner Kinder sowie meiner zahlreichen häuslichen Verpflichtungen langsamer machen."
"Ja", lachte Ari, "wenn Jakob's Kinder genauso langsam wie Ester und Chaim waren, hätte Esau sicherlich eine sehr lange Zeit warten können."
"Und Esau wartet heute noch", bemerkte lächelnd Vater Stern.
"Was meinst du damit?", fragte Ari.
"He, Vater hat Recht", sagte Motti, "ich kann mich nicht daran erinnern gelernt zu haben, dass Jakob tatsächlich Esau am Har Seir besucht hat."
"Du meinst, Jakob hätte vielleicht eine leere Versprechung abgegeben?", fragte Ari überrascht, "wie könnte er Esau nur zusagen, dass er ihn aufsucht und dann gar nicht erscheinen?"
"Du hast hier eine sehr gute Frage gestellt", antwortete Vater Stern, "es ist allerdings nicht sehr einfach, hier im Schnee darüber zu diskutieren, also lasst uns diese Diskussion während der warmen Schabbat-Mahlzeit fortführen."
Später, als sich Familie Stern am Schabbat-Tisch versammelte, erläuterte Vater Stern, "unser Stammvater Jakob plante tatsächlich, seinen Bruder Esau am Har Seir zu treffen. Die Tora berichtet uns 'WeAlu Moschiim BeHar Zion Lischpot Et Har Esaw' - 'Retter werden auf den Berg Zion gehen und den Berg Esau richten'. In jener Zeit, wenn die Geulah (das Messianische Zeitalter) gekommen ist, werden Jakobs Nachfahren zum Berg Esau, welches der Har Seir ist, ziehen und über Esau sowie seine Nachfahren Gericht halten."
"Unser Vorvater Jakob wusste jedoch, dass dies nicht in unmittelbarer Zukunft geschehen würde, und er war sich auch dessen bewusst, dass er sowie seine Nachfahren noch sehr viel Arbeit vor sich hätten - er nannte es seine 'häuslichen Aufgaben' - bevor die Geulah endlich kommen würde.
"Und die 'häuslichen Aufgaben' eines Juden haben zum Inhalt, diese Welt in eine angemessene Wohnstätte für G-tt zu gestalten. Jakob versprach, dass er sowie seine Kinder, das jüdische Volk, diese Mission mit Hingabe erfüllen werden, egal wie lange es dauern würde - sie wird auch sehr bald erfüllt sein und wir werden schließlich den Har Seir aufsuchen."
(Übersetzt aus "Please Tell Me What the Rebbe Said, Vol. I", basierend auf Sichot Paraschat Wajischlach, 5752.)
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