Unternehmen, die das Beste aus ihren Mitarbeitern herausholen wollen, versuchen, durch Trainingsprogramme das unabhängige Denken und das schöpferische Problemlösen zu fördern. Der gute Arbeiter zeichnete sich einst dadurch aus, dass er Anweisungen befolgte wie ein Soldat. Denken brauchte er nicht, das war die Aufgabe der Vorgesetzten.

Heute haben die Firmen erkannt, dass der Mensch, der eine Aufgabe erfüllt, mehr als jeder andere zu Verbesserungen fähig ist. Dieser Respekt vor der Intelligenz der Mitarbeiter erhöht den IQ des ganzen Betriebes.

Also werden alte Wege verlassen. Das Schubladendenken ist überholt. Gefragt sind kühne Ideen, die oft ein Körnchen Wahrheit enthalten. Dieser Ansatz ist häufig erfolgreich.

Die Psychologie geht den gleichen Weg. Vor Jahrzehnten teilte man die Menschen in starre Persönlichkeitstypen und soziale Rollen ein; heute denkt man anders. Wir müssen nicht das tun, was unsere Eltern getan haben (falls sie Fehler gemacht haben), und wir können unsere Kinder anders erziehen. Wir können lernen, den Ehepartner anders zu behandeln. Wer kennt nicht die Ehepaare, die Tag für Tag den gleichen Streit abspulen, weil sie nicht wissen, dass auch eine Ehe sich verbessern lässt. Heute wissen wir, dass wir „aus uns herausgehen“ und die Dinge besser machen können.

Es dürfte Sie nicht überraschen, dass wir damit beim neuen Wochenabschnitt Lech Lecha angelangt sind.


Dort treffen wir Abram, den ersten Juden, der später Abraham genannt wurde. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass der Mensch sich ändern kann! Aber darauf weist schon das erste Wort des Abschnitts hin: „Nun sprach der H-rr zu Abram: ,Gehe fort von deinem Land, von deiner Familie und von deines Vaters Haus.‘“

Mit anderen Worten: Entferne dich von allem, dem du vertraust, von allen, die du liebst, von jedem Symbol, an das du glaubst. Verlasse die alten Gleise, geh aus dir heraus. Abram tat es und wurde zum Vater einer Kultur, die über Jahrtausende hinweg an uns weitergegeben wurde, eine der ältesten und gewiss einflussreichsten Kulturen in der Menschheitsgeschichte.

Aber war das notwendig? Musste Abram alles hinter sich lassen, um seine Denkweise zu ändern? Und müssen auch wir so radikal sein, um unser Leben zu ändern?

Wie immer, wenn wir die Tora lesen, wissen wir, dass wir nicht die gleichen Opfer bringen oder das gleiche Leben führen müssen wie unsere Ahnen, um von ihnen zu lernen. Wir müssen nur das lernen, was Unternehmen und Psychologen aus der Tora gelernt haben: Den wahren Wandel bewirken wir nur, wenn die Last unseres materiellen Ichs abwerfen und uns selbst aus einiger Distanz betrachten, mit dem Geist unserer Seele, dem „wahren Teil G–ttes“, der in uns allen wohnt.