Diese Geschichte ist ein beliebtes jüdisches Thema: Jemand wird in Armut geboren und hat einfache Eltern. Er verlässt die Schule mit sechzehn und wird Zeitungsjunge. Wenige Jahre später leitet er eine große Firma. Oder er gewinnt ein Stipendium von Oxford und wird ein berühmter Wissenschaftler.
Es geht darum, dass jemand trotz bescheidener Herkunft neue Wege geht. Das tun zwar nicht nur Juden, aber es ist typisch jüdisch.
Vielleicht liegt es daran, dass Awraham, der erste Jude und Held des neuen Wochenabschnitts, die gleiche Erfahrung machte. G-tt befiehlt ihm, sein Land, seinen Geburtsort und sein Vaterhaus zu verlassen und „in das Land, das ich dir zeigen werde“ zu gehen.
Die Weisen erklären, diese Geschichte symbolisiere das Leben des ganzen jüdischen Volkes, aller Nachkommen Awrahams und Saras. Natürlich ist wirtschaftlicher Erfolg nur ein Beispiel. Allgemeiner ausgedrückt gehen wir von der Vergangenheit Schritt für Schritt in eine neue, unbegrenzte Zukunft, in „das Land, das ich euch zeigen will“.
Was ließ Awraham zurück? Drei Aspekte seiner Herkunft. Erstens sein Land. Die Weisen sehen darin nicht nur ein geografisches Gebiet, sondern auch die irdische Grundlage des Charakters. Um uns weiterzuentwickeln, müssen wir oft diese Grundlage verlassen, vor allem wenn wir spirituelle Ziele haben.
Der Geburtsort steht für alle Grenzen unserer Umwelt. Wir Juden werden zweifellos von den Kulturen beeinflusst, in denen wir leben. Manchmal geht ein Jude ganz in der anderen Kultur auf und wird ein erfolgreicher Mann. Doch irgendwann muss er die Grenzen der dominierenden Kultur überschreiten und er selbst sein, ein Jude, der nach jüdischen Werten lebt. Einige Juden haben bereits bewiesen, dass wir sogar bei einem Festmahl mit Königen koscher essen können.
Das Vaterhaus symbolisiert die Heimat und die Erziehung. In den meisten Geschichten hat der Held seinem Heim und der Schule viel zu verdanken; aber er ist auch darüber hinausgewachsen. Das wird noch offenkundiger, wenn es um Spiritualität geht. Die jüdische Entdeckungsreise führt uns auf ein faszinierendes neues Gelände, das sich von allem unterscheidet, was wir kennen. Das geschieht zum Beispiel, wenn wir beginnen, die Tora zu studieren.
Wir alle sind Awraham oder Sara. Wir lassen unsere natürlichen Grenzen hinter uns und ziehen in das Land, das G-tt uns zeigen wird. Damit ist das Land Israel gemeint, aber auch jeder Ort, an den G-tt uns führt. Dort entdecken wir die wahre Fülle des Judentums1.
Diskutieren Sie mit