Zum Ende der Parascha Lech Lecha lesen wir, wie G-tt mit Awraham einen Bund schloss und ihm gebot, er und seine Nachkommen mögen sich beschneiden.

Unsere Weisen lehren, dass Abraham alle Gebote unserer Tora schon erfüllte, obwohl sie damals noch nicht gegeben wurde und obwohl er auch nicht verpflichtet war, sie einzuhalten. Dennoch wartete er mit der Beschneidung, bis G-tt sie ihm ausdrücklich befahl. Warum musste er mit der Beschneidung warten?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir eine generelle Frage im Zusammenhang mit dem ersten Buch der Bibel, dem Sefer Bereschit (oder Genesis) beantworten: In diesem Buch wird in großen Detail die Geschichte der Vorväter der jüdischen Nation, Abraham, Jizchak und Jakob erzählt. Was ist der Sinn und Zweck dieser in alle Einzelheiten gehenden Erzählungen?

Die Kommentare erklären, dass das Leben unserer Vorfahren in vielen Hinsichten die Geschichte der jüdischen Nation symbolisierte und dass nur diejenigen Geschehnisse ihres Lebens in der Bibel erzählt werden, welche uns als Wegweiser in unserem eigenen Leben dienen können. In einem gewissen Sinn mussten Abraham, Jizchak und Jakob gewisse Dinge „durchboxen“ und gewisse Pfade „austreten“, um uns den Weg zu ebnen. So zum Beispiel setzte unser Vorvater für alle weiteren Generationen ein Zeichen der Opferbereitschaft für G-tt, als er sich in den Ofen werfen liess, um die Existenz G-ttes nicht leugnen zu müssen.

So auch waren unsere Vorfahren für uns ein Vorbild in der Erfüllung der g-ttlichen Gebote, welche die Tora von uns verlangt. Deshalb konnte Abraham nicht alle Gebote ohne Ausnahme erfüllen, bevor sie ihm geboten wurden, sondern musste mindestens mit der Erfüllung eines Gebotes warten, bis G-tt es ihm ausdrücklich befahl.

Nur so wurde er zum Vorbild einer Nation von Menschen, welche die g-ttlichen Befehle befolgen, auch wenn sie schwer zu erfüllen sind und nicht nur bereit sind, freiwillig das zu tun, was ihnen gefällt und einleuchtet.