Die nukleare Katastrophe von Tschernobyl. Der Hunger in Äthiopien. Der Terroranschlag in New York. Der Krieg auf dem Balkan. Erdbeben ... Gibt es neben diesen Tragödien noch einen roten Faden in der Geschichte?

Israelis waren da, um zu helfen, zu retten, zu versorgen, aufzubauen, zu trösten. Andere Länder, vor allem die USA, helfen ebenfalls. Aber warum hilft dieses kleine Land anderen Menschen, obwohl es selbst ums Überleben kämpft?

Ebenso gut könnte man fragen: Warum spenden Juden auf der ganzen Welt im Durchschnitt viel mehr als andere — und das nicht nur für ihre eigenen Organisationen?

Darauf gibt es keine einfache Antwort, aber einige Hinweise finden wir im neuen Wochenabschnitt Lech Lecha. Er beginnt zwar mit G–ttes Versprechen gegenüber Abram “Ich werde die segnen, die dich segnen, und den verfluchen, der dir flucht”. Aber der weitere Verlauf der Geschichte ist etwas anders.

Als Abrams Männer und Lots Männer über Weideland streiten, sagt Abram: “Lasst keinen Streit zwischen uns sein.” Er legt den Streit friedlich und mit finanziellen Opfern bei. Nachdem er Lot aus der Gefangenschaft befreit hat, schließt er Frieden mit dem König von Sodom, befreit dessen Volk und gibt die Kriegsbeute zurück. Und als G–tt ihm sagt, seine Frau Sarah werde ein Kind bekommen, ist Abraham (der jetzt einen neuen Namen hat) besorgt um Ischmael, seinen Sohn mit der Magd Hagar.

Das Muster ist klar: Abraham ist um Gerechtigkeit und um das Wohl aller bemüht, selbst um das Wohl seiner Feinde, die G–tt “verfluchen” wollte. Das ist noch ungewöhnlicher, wenn man bedenkt, dass dieses Verhalten in der damaligen Zeit nicht üblich war.

Die Tora und das Judentum haben viele ähnliche Beispiele zu bieten. Für unser eigenes Volk sind wir immer verantwortlich, nicht nur in Zeiten der Gefahr. Aber unser Auftrag Tikun Olam, die Welt zu heilen, ist ebenso wichtig. Und zur Welt gehören auch Tschernobyl, Äthiopien, New York, der Balkan und alle Länder, die Hilfe brauchen.