Haben Sie je gesagt: “Nun ja, man kann es so oder so sehen”? Wir sind oft stolz darauf, beide Seiten der Medaille zu sehen, und schwelgen eine Weile in diesem Stolz, ehe wir uns entscheiden.

Die Logik ist ein Zeichen dafür, daß wir einen freien Willen haben. Da wir über ein Problem nachdenken können, sind wir auch imstande, eine von vielen möglichen Lösungen zu wählen. Aber die Logik hat ihre Grenzen, und manchmal ist sie sogar nutzlos.

Klingt das widersprüchlich?


Wir können das Rätsel zwar nie ganz lösen; aber der Wochenabschnitt Chukat hilft uns wenigstens zu verstehen, warum das Rätsel existiert.

Wir lesen hier von den Gesetzen der roten Färse. G-tt befiehlt, daß eine makellose junge Kuh, weder Kalb noch ausgewachsen, auf ganz bestimmte Weise geopfert werden muß. Der Priester, der die Zeremonie ausführt, muß seine Kleider und seinen Körper waschen und ist dennoch bis zum Abend “unrein”. Die Asche des Opfers wird für einen Reinigungsritus benutzt.

Diejenigen, die das alles tun, gelten als “unrein”, aber der Ritus selbst reinigt andere. Dies ist der Kern des Rätsels, an dem selbst König Salomon verzweifelte. Und genau das ist der Punkt. Denn die Gesetze der roten Färse gelten als Chukim, als Gesetze jenseits der Logik. Sie sind von zwei weiteren Arten von Mizwot zu unterscheiden: Ejdot, die an wichtige Ereignisse erinnern (etwa an Festtage) und Mischpatim, die wir alle verstehen (z.B. das Verbot des Ehebruchs und des Mordens).

Warum haben wir Chukim? Warum sind einige Gesetze unergründlich? Dafür gibt es mehrere Gründe.

Erstens machen die Chukim uns klar, daß es immer etwas zu lernen gibt. Wäre die Tora so leicht verständlich wie ein Roman, hätten wir an ihr ebensoviel (oder ebensowenig) Interesse wie an einem Roman.

Zweitens ist das Wort Chukim mit dem Wort für “einkerben” verwandt. Im Gegensatz zu einem geschriebenen Gesetz sollten Chukim in die Seele eingekerbt und zu einem Teil von ihr werden. Denn zwischen unserer Seele und der Tora besteht eine Verbindung.

Der wichtigste und verständlichste Grund ist aber: Chukim befreien uns von der Bürde der Logik. Sie erinnern uns daran, daß es ewige Gesetze und Wahrheiten gibt und daß wir eigentlich nicht hart arbeiten müssen, um G-ttes Gesetze zu verstehen. Wir brauchen nur der Inschrift in unserer Seele zu folgen.