Lieber Rabbi,
meine Mutter wird allmählich zur Last. Sie ist jetzt 85 und klagt immerzu über etwas. Die Kassiererin hat falsch herausgegeben. Sie kann ihren Schlüssel nicht finden. Ihre Kinder besuchen sie nicht oft genug. Und so weiter, und so weiter.
Wir können es ihr anscheinend nie recht machen, egal was wir tun. Rabbi, darf ich eine Sozialarbeiterin einstellen, die sich um sie kümmert? Ich kann es mir leisten, und offen gesagt will ich mit dieser unmöglichen Frau nichts mehr zu tun haben.
Ein treuer, aber erschöpfter Sohn
Lieber „treuer Sohn“,
hast du jemals Chukat gelesen, den Wochenabschnitt über die rote Färse? Es ist diese Woche an der Reihe und kann dich aus deinem Dilemma befreien.
Die Rote Färse ist zum Symbol für das Mysterium der Schrift geworden. G–tt befiehlt Mosche, eine rote Kuh zu suchen, ohne Makel, und sie in einem komplizierten Ritual zu opfern, um jemanden zu reinigen, der mit Toten in Berührung gekommen ist.
Warum eine Färse? Warum rot? Warum das Opfer, die Verbrennung, das Waschen der Kleider, der Ysop? Warum all diese verwickelten Einzelheiten? Würde es nicht genügen, wenn die Leute sich und ihre Kleider waschen würden, um eine mögliche spirituelle Unreinheit zu beseitigen?
Es gibt viele Kommentare zur Geschichte von der roten Färse. Ich möchte dir einen einfachen anbieten: Es ist nicht leicht, gut zu sein.
Jeder kann die Mama besuchen, wenn sie gut gelaunt ist und ihre Enkel beschenkt. Aber du musst schon mehr tun, wenn du ihr deine Dankbarkeit beweisen willst – für die vielen Windeln, die Mahlzeiten, die Hausarbeit, die versorgten Blessuren und die liebevolle Zuwendung, wenn du bekümmert warst.
Es war manchmal schwer, dich großzuziehen. Und es ist schwer, deiner Mutter in ihren letzten Lebensjahren zu helfen. Was folgt daraus?
Warum eine rote Färse? Warum für die Mutter sorgen, wenn du jemand dafür engagieren kannst? Weil deine Mutter – und G–tt – dir vor langer Zeit gesagt haben: So ist es richtig! Das Ritual der roten Färse ist uns vielleicht nicht ganz verständlich; aber wir können etwas daraus lernen: Wenn du etwas tust, dann tu es richtig. Und du weißt immer, was richtig ist, weil deine Seele es dir immer sagt.
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