Waren Sie schon einmal der Meinung, mit einem anderen Menschen viel gemeinsam zu haben – und dann stellte sich heraus, daß Sie beide eine ganz unterschiedliche Einstellung zum Leben haben? Das Einkommen, die Wohngegend, das Auto ... alles ist ähnlich – aber Ihr Nachbar hält das Leben für einen ungerechten Kampf, während Sie ganz gut damit zurecht kommen.
Willkommen in der realen Welt, so wie G–tt sie geschaffen hat!
Diese beiden Ansichten zeigen uns einen Aspekt des freien Willens, den wir alle besitzen, aber mangels Weisheit nicht immer nutzen.
Allerdings wird die Idee des freien Willens wird nicht von allen akzeptiert. “Wenn G–tt genau weiß, was geschehen wird, wie könnten wir dann einen freien Willen haben?” lautet der Einwand. Die einfache Antwort lautet: Wenn wir sehen, wie ein Kind ein Eis in die Luft wirft und versucht, es aufzufangen, können wir “in die Zukunft schauen” (es gibt bald mehr Wäsche!). Aber das bedeutet nicht, daß das Kind keinen freien Willen hätte. Kinder beweisen uns ständig das Gegenteil! Eltern bemühen sich, ihren Nachwuchs weder zu streng noch zu liberal zu erziehen, aber eines Tages entdecken sie die erstaunliche Wahrheit: Kinder in jedem Alter haben viel mehr Freiheit, als es uns lieb ist. Sie können Ihr Kind vielleicht daran hindern, mit dem Fahrrad die steilste Straße der Stadt hinunter zu rasen, aber dann findet es eine andere Möglichkeit, seinen Mut auf die Probe zu stellen. Wir haben nicht die Aufgabe, eine Mauer um unsere Kinder zu errichten, sondern wir müssen ihnen allmählich und liebevoll beibringen, selbst gewisse Grenzen einzuhalten.
Und das ist zufällig auch das, was G–tt von uns allen erwartet.
Der Wochenabschnitt Schlach beginnt mit den Worten Schlach lecha: “Du darfst schicken”. Mosche hatte den H-rrn um die Erlaubnis gebeten, Kundschafter nach Israel zu senden, und zum erstenmal bekam er keine klare Anweisung, sondern die Antwort: Es liegt an dir.
Wir neigen dazu, die Tora als Sammlung von Verboten und Geboten zu sehen, aber im täglichen Leben wird uns klar, daß nur unser Gewissen (manchmal auch die Polizei) uns Grenzen setzt.
Wir alle wurden in dieses Leben geschickt, um die Welt zu erforschen. Wir haben die Aufgabe, sie zu einer Wohnung G–ttes zu machen, indem wir die Mizwot einhalten. Wenn Er gewollt hätte, daß Roboter diese Aufgabe pünktlich und exakt erfüllen, hätte er uns ein entsprechendes “Programm” eingepflanzt.
Aber er wollte, daß wir ihm aus freier Entscheidung dienen. Es liegt an uns, was wir aus unseren irdischen Gütern machen, wie wir miteinander umgehen, ob wir der Tora gehorchen. Wenn also Ihr Nachbar mit seinem Leben unzufrieden ist, dann helfen Sie ihm, seinen Standpunkt zu ändern – aus freiem Willen.
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