Dieser Wochenabschnitt Wajigasch schildert, wie Jaakow und seine Familie von Israel nach Ägypten reisten, um dort Josef zu treffen. Jaakow verließ das Heilige Land nicht gerne, und erst, nachdem G-tt ihn darin bestärkt hatte, beschloss er zu gehen. Warum zögerte er? Das ist offensichtlich. Erez Israel ist das Heilige Land, „das Land, auf dem die Augen G-ttes vom Anfang bis zum Ende des Jahres ruhen“. Natürlich wollte Jaakow, unser Patriarch, seine letzten Tage dort verbringen.

Warum ging er dennoch nach Ägypten? Unsere Weisen sagen, es sei ihm bestimmt gewesen. Wenn nötig, wäre er in eisernen Ketten nach Ägypten gebracht worden. Aber G-tt entschied in seiner Güte, Jaakows Sohn solle Vizekönig in Ägypten werden und Jaakow solle auf königliche Einladung nach Ägypten ziehen. Das wirft eine Frage auf: Jaakow ging nach Ägypten, weil das G-ttes Wille war. Aber warum war es sein Wille? Und warum will er, dass wir, Jaakows Nachkommen, in vielen Ländern der Diaspora leben?

Die Juden wurden mit einer Aufgabe geschaffen: aus dieser Welt eine Wohnung für G-tt zu machen. Damit ist nicht nur das Land Israel gemeint. Im Gegenteil: Weil Erez Israel seiner Natur nach heilig ist, müssen wir unsere Aufgabe vor allem an Orten jenseits seiner Grenzen erfüllen.

Innerhalb der materiellen Substanz unserer Welt befinden sich g-ttliche Funken. Jedes Stück Nahrung, das wir essen, jeder Mensch, den wir treffen, und jede Situation, in der wir uns befinden, wird von g-ttlicher Energie gespeist. Wir haben die Aufgabe, diese Energie für positive Zwecke zu nutzen. Wenn wir beispielsweise vor oder nach dem Essen ein Gebet sprechen und die Kraft, die das Essen uns gibt, für g-ttliche Ziele nutzen, entspricht das der Absicht, die G-tt bei der Erschaffung dieses Essens hatte. Es ist wie mit einer Frucht und ihrer Schale: Die Frucht – der g-ttliche Funke – ist der wichtigere Teil, doch damit sie in unserer materiellen Welt existieren kann, braucht sie eine Schale: die materielle Substanz unserer Welt.

Das ist die Aufgabe des jüdischen Volkes in der Welt: die Welt zu läutern, indem wir sie auf diese spirituelle Dimension hinweisen. Wir müssen uns und anderen zeigen, dass sich unter der Schale eine Frucht befindet. Deshalb wandern wir von einem Kontinent und von einem Land zum anderen und bemühen uns, die g-ttliche Lebenskraft zu enthüllen, die dort verborgen ist. Dieser Prozess begann mit Jaakows Reise nach Ägypten. Als G-tt Awraham darüber unterrichtete, dass seine Nachkommen Knechte in Ägypten sein würden, fügte er hinzu: „Danach werden sie das Land mit großen Reichtümern verlassen.“ Warum musste Awraham wissen, dass seine Nachkommen reich werden sollten? Er hätte doch sicher gewünscht, dass sie früher gehen durften, mit oder ohne Reichtümer.

Aber der Reichtum, der Awraham versprochen wurde, war die Läuterung des g-ttlichen Funkens in den Schätzen Ägyptens. Das ist der spirituelle Grund dafür, dass Josef während der Hungersnot Vorräte sammelte: Später konnten die Juden dank ihrer harten Arbeit diese g-ttlichen Funken reinigen und mit Gold und Silber beladen Ägypten verlassen. Schließlich benutzten sie das Gold und Silber, um in der Wüste das Heiligtum zu bauen, eine Wohnung für G-tt in dieser Welt.