Der Tora-Abschnitt dieser Woche erzählt, wie Mosche Kundschafter nach Israel schickte, bevor das Volk in das Land einzog. Die Männer kehrten mit einem erschreckenden Bericht zurück: Die Bewohner des Landes seien unbesiegbare Riesen.
Das jüdische Volk verlor den Mut und wollte nicht mehr ins Heilige Land einziehen. Als G–tt das hörte, unterrichtete er Mosche davon, dass er den Wunsch des Volkes erfüllen und es dadurch bestrafen werde — es werde das Land nicht betreten, sondern 40 Jahre in der Wüste umherziehen.
Diese Geschichte wirft eine Frage auf. Mosche hat seine besten Leute als Kundschafter ausgewählt. Die Tora bezeichnet sie als weise, spirituelle Männer. Wie konnten diese Männer sich so gewaltig irren?
Wie Chassidus erläutert, war gerade ihre hohe Spiritualität die Ursache für ihren Irrtum. In der Wüste brauchten sie sich um materielle Dinge nicht zu kümmern. Sie aßen Manna, tranken Wasser aus Miriams Brunnen und wurden von den Wolken der Glorie beschützt. Darum konnten sie sich ganz auf das Spirituelle konzentrieren.
Hätten sie das Land Israel betreten, wäre es damit vorbei gewesen. Das Volk hätte das Land bearbeiten und die Ernte einbringen müssen. Die Zeit für das Studium der Tora und für Kontemplation wäre knapper geworden. „Warum sollen wir das tun?“, dachten die Kundschafter. „Warum nicht so lange wie möglich in der Wüste bleiben?“
Warum aber wollte G–tt, dass das Volk ins Heilige Land einzog? Erstens, weil Wunder nicht ewig dauern. Er wollte das Volk nicht endlos lange in der Wüste durchfüttern.
Wichtiger noch: Würde das Volk in der Wüste bleiben, widerspräche das G–ttes Schöpfungsplan. Er schuf diese Welt, um eine Wohnung unter Sterblichen zu haben, und diese Wohnung sollten die Menschen, die ohnehin mit materiellen Dingen beschäftigt sind, während ihres Lebens bauen.
Hätte er eine spirituelle Existenz für die Menschen gewollt, dann hätte er sie geschaffen. Die Tatsache, dass G–tt eine Wohnung in der materiellen Welt haben will, sollte uns dazu inspirieren, diesem Ziel Vorrang einzuräumen.
Das bringt zwei gegensätzliche Impulse mit sich. Einerseits müssen wir uns um die materiellen Angelegenheiten in unserem Leben kümmern und dürfen uns nicht von ihnen distanzieren. Andererseits dürfen wir diese materiellen Dinge nicht als Selbstzweck betrachten, denn sie sind nur ein Mittel, um G–ttes Wohnung zu erbauen, so wie er es geboten hat.
Diese Aufgabe bereitet uns und die ganze Welt auf die Zeit vor, wo wir, geführt vom Moschiach, wieder ins Land Israel einziehen werden. Möge es in naher Zukunft geschehen!
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