Im Wochenabschnitt Schlach gelangen wir zu einer der größten Pannen der Wüstenwanderung des jüdischen Volkes: Kundschafter wurden ausgeschickt, das Land Israel zu erkunden – doch (mit zwei Ausnahmen) berichten sie fälschlicherweise schlecht über das in Wahrheit gute Land. Was ist passiert? Moses hatte hochangesehene Führungskräfte mit der Aufgabe betraut. Wie konnte es dazu kommen, dass gleich zehn von diesen honorigen Gelehrten auf so einen Abweg gerieten?

Paradiesische Zustände

Das Leben in der Wüste hatte, das ist zu bedenken, in seiner Abgeschiedenheit etwas Verlockendes an sich: Um’s Essen brauchte man sich nicht zu kümmern, das Man fiel vom Himmel und musste nur eingesammelt werden. Wasser kam aus einem Brunnen, der auf wundersame Weise mitwanderte (zu Lebzeiten von Mirjam). Wir wissen auch, dass die Kleider der Menschen während der vierzig Jahre in der Wüste nicht Schaden nahmen – welch ein paradiesischer Zustand, wenn man sich nicht um seinen Lebensunterhalt kümmern muss, sondern Zeit und Energie ungestört diversen spirituellen Aktivitäten widmen kann.

Ganz anders die Situation im Land Israel: Aus war es mit der Versorgung vom Himmel. Nun musste das Volk selbst Ackerbau betreiben, sich um die Ernte kümmern und um die Herstellung der Nahrung. Jeder und jede, auch die Gelehrten, mussten zusehen, wo ihr Lebensunterhalt nun herkommt. Dieser Unterschied war es, den die zehn Kundschafter bei ihren Aussagen über das Land im Auge hatten: Sie hatten Angst um ihr spirituelles Wohlergehen, wenn sie mit all den materiellen Anforderungen des Alltags konfrontiert würden. Das heilige Eremiten-Dasein gegen ein Land tauschen, in dem man erst einmal den Boden bearbeiten muss?

So können wir in ihrem Bericht auch den Satz verstehen, dass »das Land seine Bewohner aufesse«. Da kam ihre Angst zum Ausdruck, dass diese materiellen Erfordernisse alle Energien aufzehren würden, die sie doch für ein Leben in Heiligkeit einsetzen wollten.

Die alles entscheidende Einsicht

Den zehn Kundschaftern fehlte jedoch die alles entscheidende Einsicht, dass dieses materielle alltägliche Leben mit seinen Mühen und Grenzen der eigentliche Ort ist, wo wir – der ursprünglichen Schöpfungsintention folgend – G-ttlichkeit offenbaren sollen.

Und das ist die für uns relevante Lehre aus der biblischen Kundschafter-Affäre: Nicht die Wüsten-Existenz in heiliger Abgeschiedenheit ist der anzustrebende Idealzustand. Vielmehr ist diese derb-materielle Welt der eigentliche Ort, wo wir durch »heilige« und »profane« Tätigkeiten gleichermaßen den Funken des Guten in jedem und allem freilegen sollen. Und so wird diese Welt bearbeitet und zum Guten gewendet, bis sie selbst zu »einer Wohnstätte für Ihn, gepriesen sei Sein Name« wird.