In unserem Wochenabschnitt wird uns die detaillierte Darbringung der Dankopfer geschildert. Diese Gabe bringt der Jude als Zeichen seiner Dankbarkeit gegenüber G-tt für Seine Wohltat, die Er ihm getan. Für welche Wohltaten bringt man ein Dankopfer? Raschi erklärt: „Der das Meer bereist, durch die Wüste wandert, ein Gefangener war, und ein Schwerkranker, der geheilt wurde.“1 Raschi stützt sich dabei auf einen Vers in den Psalmen, welcher diese vier Situationen ausdrücklich erwähnt; und dort heißt es weiter: Danket G-tt, Seine Wohltat und Wunder sind für die Menschen, und bringet Dankopfer dar!2
Andere Reihenfolge
Raschi führt interessanterweise die vier Situationen, welche ein Dankopfer erfordern in einer anderen Reihenfolge, als sie in den Psalmen stehen, an. Die Reihenfolge in den Psalmen lautet:
- Wanderung durch die Wüste
- Befreiung aus der Gefangenschaft
- nach einer schweren Krankheit
- Reise übers Meer.
Raschi aber erwähnt zuerst:
- die Reise übers Meer
- die Wüstenwanderung
- Befreiung aus der Gefangenschaft
- nach einer schweren Krankheit.
Raschi bezieht sich bei seinem Kommentar auf die Situationen, welche dem jüdischen Volk beim Auszug aus Ägypten widerfahren waren. Als erstes „bereisten die Juden das Meer“ – die Spaltung des Roten Meeres; dann wanderten sie durch die Wüste und waren vierzig Jahre lange ihre Gefangenen. Die vierte Notlage – ein Kranker, der geheilt wurde – betraf nicht das gesamte jüdische Volk (wenn auch womöglich einen sehr großen Teil des Volkes). Deshalb wird sie als letztes erwähnt.
Heute, da wir keine Dankopfer mehr bringen können (weil es keinen Tempel mehr gibt), sprechen wir nach diesen vier Situationen den Segensspruch „Hagomel“.
Die anhaltende Kraft
Der Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber G-tt ist allerdings nicht nur an diese vier Situationen gebunden. G-tt sorgt wortwörtlich für alle Bedürfnisse jedes seiner Geschöpfe. Bedenken Sie einmal, bereits jeden Atemzug verdanken Sie G-tt!
Die Wunder G-ttes finden tagtäglich statt. Die Lehre der Chassidut macht dies umso deutlicher. „Der Kosmos bis zu seinem kleinsten Detail entspringt der anhaltenden Kraft G-ttes“, wird im Buch Tanja3 erklärt. „Wenn G-tt seine Kraft auch nur für einen Moment zurückgezogen hätte, würde die Welt wieder ins absolute Nichts stürzen!“4
Um G-tt unsere Hochschätzung auszudrücken, bedarf es nicht unbedingt eines Dankopfers. Bereits ein einfacher Segensspruch über eine Speise, ein ehrliches Gebet oder das Rezitieren eines Psalms sieht G-tt wie ein dargebrachtes Dankopfer an!
Im Wesen des Juden!
Dankbarkeit zu zeigen liegt eigentlich im Wesen der jüdischen Identität. Haben Sie sich einmal gefragt, woher unser Name, der Ausdruck „Jude“, kommt? In der Thora wird er nie erwähnt. Dort werden wir „die Kinder Israels“ oder „Hebräer“ genannt. Die Bezeichnung der Kinder Israels als „Juden“ begann viel später; sie entsprang der Zeit König Dawids, dem ruhmvollsten Zeitalter des Volkes Israel. Denn er stammte aus dem königlichen Stamm Jehuda. Davon leitet sich die Bezeichnung „Jehudi“ (Jude) ab. Der „Jude“ ist also ohne Zweifel ein königlicher Ehrentitel.
Woher nun aber kommt der Stammname „Jehuda“? So benannte unsere Erzmutter Lea ihren vierten Sohn, da sie G-tt für ihn aus ganzem Herzen dankte. Jehuda bedeutet also Dankbarkeit! Jude zu sein ist Dankbarkeit zu zeigen! Die Tugend der Dankbarkeit liegt im jüdischen Wesen, seinem Mitmenschen und Schöpfer gegenüber! Und so verdient man sich auch seinen königlichen Ehrentitel − Jehudi −, indem man den Anstand hat und einfache, aber ehrliche Dankbarkeit Dem gegenüber zeigt, Der sprach und die Welt erschuf!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 193)
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