VIII. Die oben zitierte Auslegung des Maggid lehrt uns, dass das Auslöschen von lo (negativen Aspekten) ein „ständiges Feuer“ erfordert, d. h. eine ständige, feurige Beschäftigung mit Tora und Mizwot.

Ein gelegentliches Engagement dieser Art reicht nicht aus. Es reicht auch nicht aus, dass es gerade eben noch ein solches Engagement gab. Es muss kontinuierlich sein. Selbst eine kurze Abkühlung gibt dem lo die Möglichkeit, in dieser Zeit einzugreifen.

Das erklärt auch, warum es ein Gebot gibt, sich jeden Tag daran zu erinnern, was mit Amalek geschehen ist.1 Wir müssen uns ständig daran erinnern, um zu verhindern, dass die Kälte von Amalek2 auch nur für einen einzigen Augenblick eindringt, wie es heißt: „Ein beständiges Feuer soll auf dem Altar brennen, es soll nicht ausgehen.“3

IX. Das „beständige Feuer“ hat noch einen anderen Aspekt: Es dient als Vorbereitung für das Feuer von oben. So sagten unsere Weisen: „Auch wenn Feuer vom Himmel herab kommt, ist es obligatorisch, ‚gewöhnliches Feuer‘ darzubringen.“4 Das bedeutet, dass das ‚gewöhnliche Feuer‘ von unten (der menschliche Beitrag oder die Beteiligung) eine Vorbereitung und ein Anreiz von unten ist, um das Feuer vom Himmel hervorzulocken.

Das Himmlische Feuer kann jedoch nur entfacht werden, wenn das Feuer unten vollständig ist. Wir sehen dies an den aktuellen Sidrot von Zaw und Schemini. Zur Zeit der „Tage der Einweihung“ waren der gesamte Mischkan und alle seine Gefäße bereits fertiggestellt. Mosche und Aaron waren dort, Opfer wurden bereits dargebracht usw.5 Dennoch ruhte die Schechina noch nicht auf dem Werk ihrer Hände, weil noch eine Spur von der Sünde mit dem goldenen Kalb vorhanden war.6 Erst am achten Tag, mit der Vervollständigung des irdischen Feuers, das alles lo (die negativen Aspekte) verzehrte und die Sünde des goldenen Kalbes vollständig aufhob,7 ging „ein Feuer aus vor G-tt ...“8 und die Schechina ruhte auf dem Werk ihrer Hände.9

Was ist so besonders an dem Himmlischen Feuer, dass es nicht zustande kommt, wenn es nicht vorher den perfekten Dienst eines irdischen Feuers gibt?

Die Lebewesen sind endlich, und das gilt auch für ihre Awoda und alles, was sie (die Awoda) für sie bewirkt. Endliche Dinge können aus eigener Kraft nicht ewig Bestand haben. Dauerhaftigkeit ist nur mit einer Durchdringung von oben möglich, von dem Allmächtigen, der ganz und gar unendlich ist.

Deshalb wurde der Mischkan während der sieben Tage der Einweihung auf- und wieder abgebaut.10 Eine wirkliche, dauerhafte Errichtung des Mischkan war von Seiten der geschaffenen Wesen unmöglich. Am achten Tag jedoch, als es eine Einwohnung der Schechina gab und „ein Feuer ausging vor G-tt“, wurde der Mischkan aufgerichtet und nicht wieder abgebaut. Das war eine echte Aufrichtung des Gebäudes, eine, die Bestand haben würde.

Dies erklärt den Unterschied zwischen den „sieben Tagen der Einweihung“ und dem achten Tag, d. h., warum das Himmlische Feuer nur am achten Tag erschien. Die Zahl sieben steht für den regulären Zyklus der Tage, d. h., für alles, was mit den Welten zu tun hat.11 Die Zahl acht geht über diesen Zyklus hinaus.12 Sie ist ein „Licht“ jenseits der Welten und steht für das Himmlische Feuer, wie oben erwähnt.

X. Geschaffene Wesen können aus eigener Kraft keine Dauerhaftigkeit erreichen. Dennoch wird, wie oben erwähnt, das Himmlische Feuer durch die vollkommene Awoda mit dem irdischen Feuer herabgezogen. D. h., wenn ein Geschöpf alles tut, was es tun kann, obwohl es begrenzt und endlich ist, wird dies bewirken, dass der Allmächtige ihm das Himmlische Feuer verleiht, ohne Begrenzungen.

Darauf spielt das Wort Tamid (beständig) in dem Vers „Ein beständiges Feuer ...“ an: Tamid bedeutet ohne Grenzen, jenseits der Zeit. Die Zeit besteht aus endlichen Teilchen, ist also selbst endlich.13 Die vollkommene Awoda des irdischen Feuers ruft jedoch eine Unendlichkeit hervor, die die Zeit übersteigt und darüber hinaus in die Zeit selbst eingeflossen ist – so dass die Zeit ewig, Tamid (kontinuierlich) wird.

In Bezug auf die Welt bedeutet dies, dass die natürliche Ordnung einen Erfolg jenseits der natürlichen Ordnung in sich bergen wird.

XI. Dies alles hat folgende praktische Auswirkungen.

Jeder Jude ist ein Mischkan und Mikdasch für G-tt, so wie es geschrieben steht: „Sie sollen Mir ein Heiligtum machen, und Ich werde in ihrer Mitte wohnen“14 – d. h. in jedem einzelnen Israeliten.15 Wir müssen also erkennen: Man kann Tora lernen, Mizwot befolgen und alles haben, was im Mischkan zu finden ist; wenn jedoch ein Mangel an „Feuer“, an der Wärme und Vitalität der Awoda besteht, wird er keine Einwohnung der Schechina haben, und er kann sogar eine Spur der Sünde mit dem goldenen Kalb haben.

Tora und Mizwot müssen mit Feuereifer und Vitalität befolgt werden, in allen drei Dimensionen von Tora, Awoda und Gemilut Chassadim.16

In Bezug auf die Tora: Man soll sich nicht damit begnügen, „ein Kapitel am Morgen und ein Kapitel am Abend“ zu studieren,17 und den Rest des Tages ohne jegliche Bindung an die Tora verbringen. Das Tora-Studium darf nicht im Unterton, im Flüsterton erfolgen, so dass die Gesamtheit des eigenen Wesens unberührt bleibt. Es muss so sein, dass „sie nicht weiche ...“18 und in allen 248 Organen verankert ist,19 bis hin zu „Alle meine Knochen werden verkünden ...!“20 Es muss mit Vitalität geschehen und lebendig sein.

In Bezug auf die Awoda: Das Gebet, das die Dimension der Awoda21 darstellt, soll nicht oberflächlich sein, sondern „ein Bitten um Gnade und Flehen vor dem Allgegenwärtigen“22 mit einem Gefühl der Vitalität.

In Bezug auf Gemilut Chassadim: Mizwot, die im Allgemeinen als Gemilut Chassadim eingestuft werden,23 sollen nicht oberflächlich sein, nur um die eigene Pflicht zu erfüllen. Mizwot müssen mit Hidur (Verschönerung) befolgt werden,24 und Hidur hängt davon ab, wie lebendig und stark der Mensch bei der Erfüllung der Mizwot ist.

Die Vollkommenheit des irdischen Feuers ruft das Himmlische Feuer hervor, so dass die Schechina in der Tora und Awoda dieser Person wohnt, und auch in all ihren Aktivitäten, sogar in ihren weltlichen Angelegenheiten.

Dies wird bewirken, dass, wie bereits erwähnt, die Unendlichkeit in das Endliche einfließt, dass man den G-ttlichen Segen und den übernatürlichen Erfolg sogar in der natürlichen Realität sehen wird.

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Zaw 5717)