Die Kohanim, welche im Heiligtum ihren Dienst verrichteten, hatten dabei eine besondere „Arbeitskleidung“ zu tragen, nämlich die Priestergewänder. Eine der Arbeiten im Heiligtum war die Entsorgung der Asche, welche sich auf dem Altar angehäuft hatte, außerhalb des Lagers. Dazu befiehlt die Thora: Er soll seine Kleider abnehmen und andere Gewänder anziehen – der Kohen musste sich für das Entsorgen der Asche mit einfacheren Gewändern bekleiden.

Den Grund dafür erklärt Raschi: „Damit er seine Kleider, mit denen er stets den Dienst verrichtet, nicht durch das Hinaustragen der Asche bestäube.“1 Raschi bringt eine weitere Begründung, in Form eines Gleichnisses: „In den Kleidern, in denen man das Gericht für seinen Herrn kocht, bringe man nicht dem Herrn seinen Becher.“

Was gilt als Schmutz?

Raschi bringt die zweite Begründung als Antwort auf eine sofort auftretende Frage zur ersten Erklärung: Im Heiligtum gab es viele Aufgaben, durch welche die Priestergewänder beschmutzt wurden, wie das Schlachten der Tiere, das Bespritzen des Altars mit deren Blut oder die Darbringung des Räucherwerks. Weshalb konnten die Kohanim all jene Tätigkeiten mit den Priestergewändern vollbringen, mussten aber für das Entsorgen der Asche ihre Kleidung wechseln?

Die Antwort darauf veranschaulicht uns Raschi mit dem Gleichnis: Solange der Diener mit dem Dienst an seinem Herrn an sich beschäftigt ist, gilt seine damit verbundene Beschmutzung nicht als ein beleidigender Auftritt vor dem Herrn, denn der Dienst an seinem Herrn verlangt dies. Doch wenn sich der Diener mit Arbeiten beschmutzt, die nur eine Vorbereitung für den eigentlichen Dienst sind („das Gericht für seinen Herrn kocht“), darf er mit diesen Gewändern „nicht seinem Herrn den Becher bringen“. Die Entsorgung der Asche galt, im Gegensatz zu anderen Arbeiten im Tempel, nur als eine Vorbereitung um weitere Opfer auf dem Altar darbringen zu können.

Die Vorbereitung gehört dazu!

Diese Schlussfolgerung bringt eine andere Frage mit sich: Wenn das Hinaustragen der Asche sich so grundlegend von den anderen Arbeiten im Heiligtum unterscheidet, weshalb gebietet dann die Thora, dass ein Kohen sowohl diese Aufgabe als auch die anderen Aufgaben zu erfüllen hat? Die Thora hätte doch für die Entsorgung der Asche einen Kohen beauftragen können, der für den eigentlichen Tempeldienst untauglich ist!

Damit lehrt uns die Thora eine Weisung im G-ttesdienst: Der jüdische Mensch dient G-tt nicht nur, indem er die Gebote an sich erfüllt, sondern auch das Treffen der Vorbereitungen für die Erfüllung der Mitzwot ist Teil des Dienstes an G-tt, und auch diese sollte er (wenn möglich) selbst machen!

Und so erzählt der Talmud von Rabbi Chija2, dass er es nicht dabei beließ jüdischen Kindern die Thora zu lehren, sondern er fertigte und schrieb selbst eine Thorarolle und traf dafür sogar alle Vorbereitungen (baute Flachs an, knüpfte daraus Netze, fing damit Hirsche ein, schlachtete sie, fertigte aus ihrer Haut Pergament usw.). Darauf stellt der Talmud fest: „Groß sind Rabbi Chijas Taten!“3

„Außerhalb des Lagers“

Weiters lehrt uns die Thora, inwiefern wir unseren Mitmenschen positiv beeinflussen sollen: Der jüdische Mensch könnte meinen, dass er nur auf Juden Einfluss zu üben habe, die sich „im Heiligtum“ befinden – in der Synagoge oder im Lehrhaus; doch Juden ihr Judentum näher zu bringen, die sich „außerhalb des Lagers“ befinden, gehöre nicht zu seiner Aufgabe.

Da lehrt uns die Thora, dass diese Aufgabe nicht auf einen anderen „Kohen“ geschoben werden kann, sondern er selbst hat sie zu erfüllen! Und obwohl er meint, dass es unter seiner Würde sei (oder es aus einem anderen Grund nicht passend für ihn sei) „außerhalb des Lagers“ zu gehen, muss er sich doch einer Sache bewusst sein: Nur, wenn der Jude sich auch mit dieser Aufgabe beschäftigt, gilt er als vollständiger „Kohen“.

Und dann wird G-tt auch mit uns auf dieselbe Weise vorgehen, indem er jeden Einzelnen Israels an der Hand hält und ihn aus der Galut befreit und dem gesamten jüdischen Volk die vollkommene Erlösung bringt!

(Likutej Sichot, Band 37, Seite 1)