Bekanntlich ist der Erzfeind des jüdischen Volkes Amalek. Dieses Volk entwickelte einen abgrundtiefen, grundlosen Hass gegenüber den Hebräern, als sie aus Ägypten auszogen. Nachdem die Israeliten die Ägypter beim Schilfmeer abgedrängt hatten, attackierte sie Amalek aus dem Hinterhalt. Die hebräischen Kämpfer unter der Anführung von Joschua sollten Amalek die Stirn bieten.

Nachdem die Hebräer den Feind besiegt hatten, befahl G-tt Mose: Schreibe es dir zur Erinnerung auf und beauftrage damit Joschua das Andenken Amaleks von der Erde zu tilgen. G-tt legte einen Schwur ab, dass sein Name und Thron befleckt sind, solange der Name Amaleks nicht von der Erde getilgt ist.

Der Rebell

Weshalb galt das Vergehen Amaleks als so schwerwiegend? Die Ägypter hatten das jüdische Volk jahrhundertelang versklavt, und dennoch kündigte ihnen G-tt nicht den Krieg in allen Generationen an. Unsere Weisen definieren den Typus „Amalek“: „Er kennt seinen Schöpfer und rebelliert gegen Ihn“.1 Es gibt Menschen, die aus Unwissenheit gegen G-tt handeln, oder der Lust an der verführerischen Sünde wegen. Für solche Menschen gibt es noch Hoffnung, da man sie über den Willen G-ttes und Seine Größe aufklären kann. Amalek aber wusste von dem wahren G-tt, Welcher Ägypten mit zehn Plagen schlug und das Meer spaltete. Gerade dann, als alle G-tt und das jüdische Volk fürchteten, attackierte er Israel um der Welt zu demonstrieren, dass das jüdische Volk samt seinem G-tt verwundbar ist. Hinter der Sünde Amaleks steckt nur ein Motiv: G-tt in aller Öffentlichkeit zu lästern. Deshalb gibt es für Amalek keine Hoffnung mehr.

Amalek in der Seele

Die Lehre der Chassidut2 überträgt das Wesen Amaleks auf spirituelle Ebene. Ihr zufolge lauert bei jedem der „Amalek“ in der Seele. Das ist die Eigenschaft des Trotzes und der Rebellion gegen G-tt. Der Mensch ist sich der Größe G-ttes und Seiner alltäglichen Wunder bewusst, kennt den g-ttlichen Willen, doch fügt sich ihm nicht. Denn sein innerer Amalek lässt nicht zu, dass er sich die Dinge zu Herzen nimmt. Amalek hat keine Begeisterung für die Größe G-ttes und Seine Wunder. Gerade dann schlägt er zu und versucht den Menschen von seiner Begeisterung für G-tt abzubringen. So tat dies auch der historische Amalek. Er begegnete dem jüdischen Volk, als es auf dem Weg war am Berg Sinai die Thora zu erhalten. Da attackierte er es, mit der Absicht seine Begeisterung einzufrieren.

Der Angriff „Amaleks“ erfolgt ausgerechnet auf der „Reise“. In der Seele befindet sich dieser Punkt zwischen den Verständniskräften des Menschen und den Kräften des Gefühls. Der Mensch denkt über die Allmacht G-ttes nach, hört von tagtäglichen Wundern G-ttes, wie Er Menschen aus Gefahren rettet usw., und sieht ein, dass G-tt die gesamte Welt lenkt und sie in jedem Moment aufs Neue erschafft. Diese Erkenntnis müsste in seinem Herz Liebe und Ehrfurcht erwecken und den festen Entschluss den Willen G-ttes zu erfüllen. Doch da taucht Amalek auf und versucht den Übergang der Gedankenzur Gefühlswelt zu boykottieren, sodass der Mensch kalt und gleichgültig bleibt und keine Begeisterung für G-tt empfindet.

Der vollkommene Name

Deshalb befleckt Amalek den Namen G-ttes. Die jüdische Mystik erklärt3, dass der g-ttliche Name das seelische Konstrukt des Menschen bildet. Er besteht aus vier Buchstaben: י-ה-ו-ה. Die ersten zwei Buchstaben symbolisieren die Verständniskräfte Chochma (י) und Bina (ה). Die Buchstaben ו und ה stehen für die Gefühlswelt. Amalek befleckt den g-ttlichen Namen, indem er die ersten beiden Buchstaben von den letzten beiden trennt.

Der Kampf gegen Amalek ist vor allem der innere Konflikt des Menschen, seine Gedanken mit der Gefühlswelt zu verbinden. Diesen Kampf gewinnt man durch die feste Entschlossenheit dem Willen G-ttes nicht gleichgültig zu begegnen. Dadurch kommt der g-ttliche Name zur Vollkommenheit und die damit verbundene Erlösung.

(Likutej Sichot, Band 6, Seite 95)