Zehn übernatürliche Wunder erlebten die Kinder Israels in Ägypten, welche die Allmacht G-ttes demonstrierten.
Aber noch einmal sollte die Menschheit von der Kraft G-ttes überwältigt werden, als sich das Schilfmeer spaltete und aus den Wassermassen zwei über zehn Meter hohe Mauern wurden, wodurch das jüdische Volk sicher durch das Meer gehen konnte.1 Die Kinder Israels waren von der Liebe G-ttes zu ihnen so sehr erfasst, bis sie Ihm mit dem „Lied des Schilfmeeres“ ihren Dank aussprachen. Die Strophen dieses Liedes rezitieren wir jeden Tag beim Morgengebet. Die letzten Strophen des Loblieds befassen sich mit der Zukunft: die Eroberung Israels und die Erbauung des Tempels.
Es ist verständlich, warum im Loblied auch die Eroberung Israels erwähnt wird, da sie doch den Auszug aus Ägypten vollenden sollte, wie G-tt den Kindern Israels noch in Ägypten verhieß: Und Ich werde euch in ein gutes und geräumiges Land hinaufführen;2 aber was hat der Tempel, der hunderte Jahre später erbaut wurde, mit dem Auszug aus Ägypten zu tun?
Die Welt unter Kontrolle
Um dies zu verstehen, liegt es an uns die tiefere Bedeutung des Loblieds, mit dem die Kinder Israels G-tt huldigten, zu begreifen. Einfach gesehen drückt es den Dank Israels über all die großartigen Wunder, die G-tt ihnen getan hat, aus; aber tiefer betrachtet verkündet uns das Lied, wie durch die Wunder in Ägypten und am Schilfmeer, was allesamt g-ttliche Offenbarungen waren, G-tt über die ganze Welt und ihre Naturgesetze herrscht.
Diese Wunder bewiesen, dass G-tt die Welt kontrolliert und sie in all ihren Prozessen leitet. In Seinem Willen erhebt Er ein Volk und in Seinem Willen versenkt Er es im totalen Chaos. Er entscheidet, ob die Welt mittels Naturgesetzen gelenkt werden soll und in Seiner Entscheidung liegt es, dieses System zu zerschlagen und Wassermassen wie Steinmauern zu formen. Diese absolute Kontrolle über die Welt, eine derartige g-ttliche Offenbarung, zeigte sich allem Auge in den Tagen vor und nach dem Auszug aus Ägypten.
Der Höhepunkt dieser g-ttlichen Offenbarung ereignete sich im Tempel, über den es heißt: Und machet Mir ein Heiligtum, dass Ich in ihnen wohne.3 Im Tempel findet G-tt Seinen „Hauptsitz“, in dem Er Seine Gegenwart gänzlich offenbart (wie der Mensch in seinem Zuhause sein wahres Ich zeigt). Deshalb wurde der Tempel bereits beim Lied am Schilfmeer erwähnt.
Jeder konnte dort die g-ttliche Kraft sehen und Wunder gehörten im Tempel zum Alltag.4 Diese Besonderheit des Tempels findet auch im Loblied seinen Ausdruck, wo er als Heiligtum G-ttes, das Deine Hände errichtet haben5 bezeichnet wird.
Unsere Weisen lernen daraus, dass G-tt besonderes Wohlgefallen am Tempel hat, denn als Er die Welt erschuf, tat Er dies nur mit „einer Hand“, wie es heißt: Meine Hand hat die Erde gegründet6; aber den Tempel baute Er mit „zwei Händen“ – das Heiligtum G-ttes, das Deine Hände errichtet haben. Das heißt im Tempel wirkten „beide Hände“ G-ttes (eine größere Energie G-ttes) und G-tt offenbart sich in ihm.
Im Dritten Tempel
Diese Offenbarung fand in großem Ausmaß im Ersten Tempel statt. Deshalb erreichte das jüdische Volk mit seinem Aufbau eine Ära des Friedens und Aufblühens. Dennoch aber war die G-ttesoffenbarung nicht vollkommen, was zur Zerstörung des Tempels führte.
Die g-ttliche Offenbarung erreicht ihren Höhepunkt im Dritten Tempel und somit wird nur jener wirklich dem Titel „Heiligtum G-ttes, das Deine Hände errichtet haben“ würdig sein.
Die Kinder Israels also sangen bei ihrem Auszug aus Ägypten über die endgültige Erlösung und der Erbauung des Dritten Tempels, indem G-tt sich in Seiner ganzen Herrlichkeit zeigen wird, weit mehr, als bei den Wundern in Ägypten und am Schilfmeer. Deshalb wird er auch ewigen Bestand haben – und um seinen Aufbau bitten wir jeden Tag beim Sprechen dieses Loblieds im Morgengebet!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 34)
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