Um wie viel weniger bräuchte der Mensch wohl zu essen, wenn sein Körper keine Reststoffe abscheiden müsste? Wie sehr auch diese Frage für uns irrelevant scheint, umso mehr war sie für die wandernden Hebräer in der Wüste Realität. Das Himmelsbrot, mit dem G-tt das jüdische Volk vierzig Jahre lang während der Wüstenwanderung ernährte, wurde von dem Körper vollkommen absorbiert. „G-ttliche Geschmacksverstärker“ bewirkten, dass das so genannte „Man“ in jedem nur denkbaren, gewollten Geschmack den Hebräern zukam. Weiters erhielt jeder eine Portion genau nach seinem Bedarf.

Das Himmelsbrot aber diente nicht nur als zeitweilige Nahrung in der Wüste. G-tt gebot nämlich für die kommenden Generationen ein Stück Man in einer Truhe aufzubewahren, von dem später tatsächlich der Prophet Jeremia Gebrauch machte. Als dieser die Juden rügte, warum sie denn das Thorastudium vernachlässigten, trotzten sie ihm: „Wir widmen uns der Thora, und wovon sollen wir uns ernähren?“ Daraufhin zeigte der Prophet ihnen die Truhe mit dem Man und läuterte sie mit den Worten: „Sehet, davon ernährten sich eure Vorväter. G-tt hat viele Gesandte um für seine Treuen zu sorgen!“1

Woher kommt das Brot?

Was meinte der Prophet Jeremia mit seiner Aussage? Wenn das Man tatsächlich weiterhin das jüdische Volk ernährt hätte, so wäre die Anschuldigung Jeremias gegen die Juden gerechtfertigt. Aber das war nicht der Fall! Denn der Mensch muss doch nun selbst pflügen und säen, um höchstens „Erdenbrot“ zu ernten!

Beim Himmelsbrot aber geht es nicht nur darum die Gutmütigkeit G-ttes gegenüber dem jüdischen Volk in der Wüste auszudrücken, sondern vielmehr zeigt es uns G-ttes immer währendes System für unsere Ernährung und Erhaltung.

Der erfahrene Bauer weiß, dass er für gute Ernte pflügen und säen muss. In seinen Augen handelt es sich um einen völlig natürlichen Prozess, welcher die Hand G-ttes ausschließt. Aus dieser Perspektive betrachtet, kommt der Bauer sehr schnell zur Schlussfolgerung, dass wenn jemandem Dank für eine gute Ernte gebührt, so doch nur ihm selbst, der ja die ganze Arbeit getan hat. Dieses Prinzip prägt alle Berufsformen.

Nabelschnur ohne Mutter?

In Wirklichkeit aber handelt es sich dabei um eine große Illusion. Die Erde, welche die Ernte spendet, und der Arbeitgeber, welcher die Löhne verteilt, sind nicht mehr als die „Nabelschnur“, durch die G-tt die Bedürfnisse des Menschen sättigt. Tatsächlich gibt Er die Gehälter, nur tut Er dies auf natürliche Weise, mittels der „Nabelschnur“.

Der Jude, der hinter die Kulissen blickt, begreift den großen Unsinn der Unsitte die „Nabelschnur“ ins Rampenlicht zu stellen, während die wirkliche Quelle allen Segens in den Schatten gedrängt wird. Er arbeitet zwar für seinen Unterhalt, denn die „Nabelschnur“ ist auch notwendig. Aber auf keinen Fall kann diese zum Mittelpunkt seines Lebens werden, sodass er dafür das Gebet, Thorastudium und die Mitzwot vernachlässigt, ohne die er sich samt der „Nabelschnur“ von der Lebensquelle entbindet!

Eine praktische Philosophie

So ein Jude versteht auch, dass er durch hinterlistige Geschäfte keinen Profit erzielt und langfristig betrachtet sogar nur Schaden auf sich bringt. Er vertraut darauf, dass G-tt jedem ausreichend gibt, wie ihm gebührt.

Und das Geheimnis dieser praktischen Philosophie ist das Vertrauen in G-tt. Denn Er kleidet Seinen Segen in natürliche Prozesse, welche das wahre Geschehen verhüllen. Der Prophet Jeremia zeigte dem jüdischen Volk die Truhe mit dem Man um sein Vertrauen in G-tt zu stärken. Denn das Man verkündete jedem, dass aller Segen von G-tt stammt, Welcher jedem seine festgelegte Portion gibt.

Auch wir können uns das Man zum Beispiel nehmen. Schenke G-tt dein Vertrauen und investiere in die Wege Seiner Thora; doch werde nicht zum Diener deiner „Nabelschnur“.

(Likutej Sichot, Band 31, Seite 85)