Diesen Schabbat lesen wir die Parascha Tasria, die sich hauptsächlich mit Zaharat beschäftigt - einen Zustand, der Juden, deren Kleidung sowie deren Häuser befallen kann und der die betreffende Person oder den betreffenden Gegenstand rituell unrein macht. Die Parascha beginnt jedoch zunächst mit: "Wenn eine Frau empfängt (Tasria) und gebiert..."

Nach der Behandlung der Vorschriften, die mit einer Kindsgeburt in Zusammenhang stehen, befasst sich der Wochenabschnitt dann mit dem übernatürlichen Zustand von "Zaharat", der übrigens oft fälschlich mit einer Hauterkrankung in Verbindung gebracht wird. Dieser Zustand macht sich äußerlich durch eine Veränderung der Haut, der Oberfläche von Kleidung oder der von Wänden bemerkbar, und er betrifft unter anderem Menschen, die zwar an und für sich aufrichtig sind, aber in Bezug auf "Laschon Hara" (übler Nachrede) zu unvorsichtig waren.

Da der überwiegende Teil dieses Wochenabschnitts sich mit eben diesem Zustand von ritueller Unreinheit befasst, ist es notwendig zu klären, was das Konzept von Zaharat eigentlich mit Kindsgeburt zu tun hat.

Auf den ersten Blick scheint beides nichts miteinander zu tun zu haben. Zaharat ist ein für Menschen äußerst unangenehmer Zustand, der die betreffende Person zunächst in einen Zustand von gesellschaftlicher Isolation versetzt. Im Talmud (Traktat Nedarim 64b) heißt es unter anderem: "Derjenige, der an Zaharat leidet, ist mit einem Toten vergleichbar." Doch wie kann ein solcher Zustand dann mit Geburt in Verbindung gebracht werden?

Ein grundlegendes Prinzip Jüdischen Denkens besagt, daß solche Leiden, die von der Tora bestimmt sind, nicht zur Bestrafung des Leidenden dienen, sondern vielmehr nur zu seinem Guten bestimmt sind (siehe u.a. Kusari 2:44; Ikarim 4:38). Dies ist so zu verstehen, daß ein von der Tora bestimmtes Leiden letztlich dazu bestimmt ist, die Seele eines Menschen zu läutern, d.h. es der betreffenden Seele zu ermöglichen, G-tt wieder nahezukommen, sei in dieser oder in der kommenden Welt.

In den meisten Fällen ist zwar das Gute, welches in persönlichem Leid steckt, weder für den Leidenden selbst, noch für Außenstehende erkennbar. Bei dem Leid von Zaharat hingegen ist es offensichtlich, daß es nur zum Guten des daran Leidenden bestimmt ist.

Der an Zaharat Leidende wird als rituell unrein vorübergehend in absolute Isolation verbannt, in welcher der oder die Betroffene wieder erlernt, beziehungsweise dahingehend sensibilisiert wird, nie wieder Laschon Hara (üble Nachrede) über andere zu sprechen, indem er zeitweilig keinerlei Person hat, mit dem er überhaupt sprechen kann.

Hiervon, d.h. anhand des Konzeptes von Zaharat, können wir schließlich lernen, daß vermeintliche Strafen der Tora letztlich nur dazu bestimmt sind, uns zu helfen, wieder auf den rechten Weg zurückzufinden und dadurch ein neues Leben zu beginnen.

Dies ist auch der Grund, weswegen dieser Wochenabschnitt mit dem Konzept von Geburt beginnt, um uns aufzuzeigen, daß wie im Fall von Zaharat, alle Leiden der Tora dazu bestimmt sind, uns eine spirituelle Neugeburt zu ermöglichen, vergangene Fehler zu überwinden und wieder neu anzufangen.

(Basierend auf Likutei Sichot, Band 22, S. 70ff.)