Lieber Leser,
die augenblicklichen "Drei Wochen" sind eine Periode der Trauer für die Zerstörung unseres Tempels und die Verbannung des jüdischen Volkes in die Galut (Diaspora). Es handelt sich im wörtlichen wie im übertragenen Sinne, um ein "Herunterkommen", einen "Abstieg" in die Galut – in den Zustand von Exil und Zerstreuung also, in dem wir uns seit der Zerstörung unseres zentralen Heiligtums in Jerusalem befinden.
In unseren Gebeten erklären wir: "Wegen unserer Sünden sind wir aus unserem Land verbannt worden." Aber die Verbannung als solche, der Zustand von Galut, darf nicht als eine bloße Bestrafung angesehen werden; es ist damit nicht beabsichtigt, die Juden – G-tt behüte – zu quälen und ihnen unaufhörliche Leiden zuzufügen. Im Gegenteil, der eigentliche Zweck der Zerstreuung besteht darin, uns von dem hässlichen und schädlichen "Schmutz" allen Übels zu reinigen, damit dadurch, dass wir auf unserer inneren Reserven von geistiger Kraft und Stärke zur Überwindung der Widrigkeiten von Galut zurückgreifen, veredelt werden (und dies natürlich auch in der Läuterung durch Leiden allgemein) und uns so zum höchsten Niveau emporschwingen, zum wahrhaften Höhepunkt von Vervollkommnung – sogar noch über das die vorexilische Niveau hinaus.
Mit anderen Worten: In ihrem tiefsten Wesen ist die Galut (sozusagen) eine Mission, ein Auftrag – als Weg, als Zugang und Methode, um ein besonders erhabenes Ziel zu erreichen.
Schabbat Schalom