Einmal lebte ein reicher jüdischer Fleischer in einer Stadt am Meer. In seiner Jugend war er recht arm gewesen. Aber er hatte hart gearbeitet, um reich zu werden. Leider hatte er nie Zeit gehabt, die Tora zu studieren, aber er betete gerne und sprach die Psalmen. Er vergaß nie, was es bedeutet, arm zu sein, und half anderen Juden nach besten Kräften.

Jeden Freitagnachmittag vor dem Schabbat verteilte er Fleisch und Geld an alle armen Familien in der Stadt. Wegen seiner Gutmütigkeit war er nicht nur bei den Juden beliebt, sondern auch bei den Nichtjuden. Sein Ruf verbreitete sich sogar bis zum Gouverneur, der ihn zum Leiter des Hafenzollamtes ernannte. Er zog Steuern auf Importe ein und bekam dafür ein Honorar.

Einer der Vorteile seiner Arbeit bestand darin, dass er von allen Waren etwas für sich behalten durfte. Auf diese Weise wurde er noch reicher.

Eines Tages kam ein Schiff an, und er inspizierte die Ladung. Als er seine Pflicht erfüllt hatte, sagte der Kapitän zu ihm: „Heute habe ich einige besonders gute Waren an Bord. Einige sind einzigartig, aber ich darf Ihnen nicht sagen, welche es sind, außer Sie wollen sie kaufen.“

Der Fleischer war sehr neugierig, aber er erhielt immer die gleiche Antwort: „Ich sage es Ihnen nur, wenn Sie kaufen.“

„Wie viel verlangen Sie?“, fragte er.

„Zehntausend Goldmünzen“, lautete die erstaunliche Antwort.

„Sie erwarten von mir, etwas zu kaufen, was ich gar nicht kenne?“

„So ist es. Aber ich versichere Ihnen, Sie werden nicht enttäuscht sein.“

Der Fleischer schwankte, und der Kapitän ließ ihn noch ein wenig zappeln. Er war nicht mehr mit zehntausend zufrieden, sondern verlangte erst zwanzigtausend, dann vierzigtausend Goldmünzen. Schließlich wurde der Fleischer schwach. „Ich zahle Ihren Preis. Zeigen Sie mir jetzt die Ware!“

„Erst wenn Sie das Geld gebracht haben“, antwortete der Kapitän grinsend. Und schon lief der Fleischer nach Hause, um die Goldmünzen zu holen. Dann kehrte er zum Schiff zurück und legte das Geld auf den Tisch, obwohl er an seinem Verstand zweifelte. Der Kapitän ging weg und kam ein paar Minuten später mit seiner „Ware“ zurück – mit jüdischen Männern, Frauen und Kindern, die an Händen und Füßen gefesselt waren. Jetzt konnte der böse Kapitän sich nicht mehr beherrschen und brach in Gelächter aus:

„Sind Sie nun glücklich? Was für ein Geschäft! Hätten Sie die Leute nicht gekauft, hätte ich sie den Haien vorgeworfen, weil ich keine Verwendung für sie habe!“

Der Fleischer nahm die unglücklichen Menschen mit und verließ das Schiff so schnell seine Füße ihn trugen, damit der Verbrecher seine Meinung nicht ändern konnte. Immer wieder dachte er darüber nach, dass G-tt ihn inspiriert hatte, ein Vermögen für eine unbekannte „Ware“ zu opfern und dadurch diese Juden zu retten.

Der Fleischer gab den ehemaligen Gefangenen Kleider und Essen und behandelte sie sehr freundlich. Eines Tages sah er ein junges Mädchen unter ihnen und dachte: „Sie wäre die Richtige für meinen Sohn.“

Die beiden jungen Leute willigten ein, und man bereitete die Hochzeit vor. Am Vorabend ging der Fleischer von Gast zu Gast und bot Getränke und Leckerbissen an. Da sah er in einen Ecke einen jungen Mann sitzen, der weinte. „Was fehlt Ihnen? Alle freuen sich - warum sind Sie so traurig?“, erkundigte er sich.

Der junge Mann antwortete: „Das Mädchen, das Ihren Sohn heiraten soll, war mit mir verlobt, bevor die Piraten uns entführten!“

„Warum haben Sie mir das nicht gesagt?“, fragte der Fleischer. Der Mann antwortete: „Wir alle sind Ihnen so dankbar, dass niemand es wagte, Ihr Glück zu zerstören.“

Der Fleischer dachte eine Weile nach. Dann rief er seinen Sohn zu sich und erzählte ihm alles. „Was sollen wir tun?“, fragte er.

„Das ist keine Frage. Die zwei sollen heute heiraten, wie sie es vor Monaten planten. Ich will ihnen nicht im Wege stehen.“

So geschah es. Das ganze Dorf feierte an diesem Tag die Hochzeit. Der Fleischer richtete nicht nur das Fest aus, sondern versorgte das Paar mit einem Haus, Möbeln und Geld für ein neues Leben.

Die Weisen sagten von diesem Mann, er habe sich mit seinen vierzigtausend Goldmünzen einen Platz in der künftigen Welt erkauft, einen Platz, wie er sonst nur den größten Zaddikim gebühre.