XII. Die Reihenfolge der vier besonderen Paraschijot, die vor Pessach1 gelesen werden, lautet: 1) Paraschat Schekalim; 2) Paraschat Sachor; 3) Paraschat Para; und 4) Paraschat haChodesch.
Die ersten beiden, Schekalim und Sachor, sind speziell mit der Erlösung von Purim verbunden. Das war jedoch keine vollständige Erlösung, denn es heißt: „Wir sind immer noch Sklaven des Achaschwerosch.“2 Die beiden anderen Paraschijot, Para und haChodesch, stehen im Zusammenhang mit der Erlösung von Pessach, die vollständig war. In einem allgemeinen Sinn stehen aber auch die ersten beiden Paraschijot von Schekalim und Sachor mit der Erlösung von Pessach in Verbindung. Denn die Erlösung von Purim ist selbst mit der von Pessach verbunden, wie es heißt: „Man verbinde eine Erlösung (von Purim) mit der anderen (von Pessach).“3
XIII. Paraschat Schekalim wird vor dem Beginn des Monats Adar gelesen. Denn „am ersten Adar erfolgt eine Bekanntmachung in Bezug auf die Schekalim“, die für die Opfer im folgenden neuen Jahr benötigt werden.4
Paraschat Sachor wird vor Purim gelesen, weil Haman zu Purim seinen Untergang erlebte. Da er aus dem Samen Amaleks stammte, lesen wir die Passage „Gedenke, was dir Amalek angetan hat auf dem Weg“5 vor Purim, um den Vers zu erfüllen: „Dieser Tage wird gedacht und sie werden abgehalten (gefeiert)“6 – „Ihrer wird gedacht, bevor man sie feiert.“7 Paraschat Sachor ist also das Gedenken und Purim ist das Feiern.
XIV. Paraschat Schekalim geht Paraschat Sachor nicht nur aus chronologischen Gründen voraus, d. h., weil Schekalim mit dem ersten Adar und Sachor mit Purim am vierzehnten Adar verbunden ist. Sondern auch wegen des eigentlichen Inhalts dieser Paraschijot.
In der Gemara8 heißt es, dass der Sturz Hamans darauf zurückzuführen ist, dass das jüdische Volk das Gebot der Abgabe des halben Schekels erfüllte: Die Abgabe des halben Schekels machte Hamans Zusage „Ich will zehntausend Talente Silber zahlen“9 (zur Finanzierung seiner Vernichtungspläne) zunichte.
Dies erklärt sowohl die Beziehung zwischen diesen beiden Paraschijot als auch den Grund, warum Paraschat Schekalim der Paraschat Sachor vorausgeht: Die Tatsache, dass das jüdische Volk bereits Schekalim gespendet hatte, führte zum Wunder von Purim, das im Sinne des Gedenkens mit der Lesung von Paraschat Sachor beginnt.
XV. Von der Erlösung an Purim, die, wie gesagt, keine vollständige Erlösung war, kommen wir zur Erlösung an Pessach, die vollständig war. Zur Vorbereitung auf letzteres lesen wir Paraschat Para und Paraschat haChodesch.
Der Jerusalemer Talmud (Jeruschalmi)10 merkt zu diesen beiden Paraschijot an, dass Paraschat haChodesch der Paraschat Para vorausgehen sollte. Denn Paraschat haChodesch wurde am ersten Tag von Nissan gesagt und bezieht sich auf diesen Tag. Die Verbrennung der Para (rote Kuh) fand jedoch erst am zweiten Nissan statt: Am ersten Nissan wurde das Heiligtum errichtet, und erst am zweiten Nissan wurde die rote Kuh verbrannt, denn dies konnte nicht vor der Errichtung des Heiligtums stattfinden.11 Da aber Paraschat Para von der Reinigung ganz Israels handelt, wird sie zuerst gelesen.
Diese Erklärung des Jeruschalmi bedarf einer Erläuterung: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Reinigung Israels und Paraschat haChodesch in dem Sinne, dass letztere erst nach der ersten folgen kann? Wir sprechen hier von Paraschat haChodesch, die sich auf das Gesetz der Heiligung des Monats und des Ersten des Monats bezieht, und nicht von irgendeiner Pessach-Parascha. Warum ist es dann so wichtig, dass ihr ein Prinzip der Reinigung vorausgeht?
XVI. Die Erklärung lautet wie folgt:
Rosch Chodesch, der Beginn des Monats, bedeutet die „Geburt“ (d. h. das Erscheinen) des Neumonds. Nach einer Zeit, in der der Mond verborgen und verhüllt war, wird er „wiedergeboren“ und erneuert. Dies ist symbolisch für das jüdische Volk, das mit dem Mond verglichen wird12 : Nach allen Stadien der Verborgenheit und der Hindernisse in der Ära der Galut wird es wiedergeboren und erneuert – das Konzept der Erlösung.
Der Beginn der Erlösung ist am Rosch Chodesch Nissan, dem ersten Tag des Monats Nissan, von dem es heißt: „Dieser Monat soll für euch der erste der Monate sein.“13 Unsere Weisen14 ziehen eine Analogie zwischen dem Wort haSeh (dies) in Paraschat haChodesch und dem Wort haSeh, das im Zusammenhang mit der Übergabe der Tora erscheint – „An diesem Tag kamen sie in die Wüste Sinai.“15 Auch die Übergabe der Tora bedeutet Erlösung, wie es heißt: „Lies nicht Charut (eingraviert), sondern Cherut (Freiheit)“16 : Freiheit von dem Jezer haRa (Neigung zum Bösen) und vom Engel des Todes und von der Unterwerfung unter die Völker.17 Da die Gemara Paraschat haChodesch mit der Übergabe der Tora in Verbindung bringt, folgt daraus, dass es auch am Rosch Chodesch Nissan – „dieser Monat“ – bereits einen Aspekt der Erlösung gibt, den Beginn der Erlösung.
Das erklärt, warum die Reinigung der Paraschat haChodesch vorausgehen soll. Paraschat haChodesch ist die Erneuerung des Mondes, der Beginn der Erlösung. Dem muss eine Reinigung vorausgehen, genau wie der Erlösung selbst. So steht geschrieben: „Ich will reines Wasser über euch sprengen, und ihr werdet rein sein ...“18 und unsere Weisen sagten: „Reinheit führt zu ... dem Propheten Elijahu ...“19
XVII. Rosch Chodesch Nissan bedeutet jedoch nur den Beginn und das Potenzial der Erlösung. Die eigentliche Erlösung begann am fünfzehnten Nissan, als der Mond in seiner vollen Größe erschien; und ihre endgültige Erfüllung geschah mit Matan Tora, als die Tora gegeben wurde.
So wie die tatsächliche Erlösung eine tatsächliche Reinigung erfordert – „Ich will reines Wasser über euch sprengen“ –, so bedarf es auch einer potenziellen Reinigung für die potenzielle Erlösung.
Eine Tora-Lesung verleiht eine Fähigkeit in Bezug auf ihren Inhalt. So lesen wir zuerst Paraschat Para, potentielle Reinheit, und darauf folgen Paraschat haChodesch und der Tag Rosch Chodesch, die potentielle Erlösung.
Dies ist also die Reihenfolge im Prozess der Reinigung und Erlösung: 1) Paraschat Para – potenzielle Reinigung; 2) Paraschat haChodesch und Rosch Chodesch Nissan – potenzielle Erlösung; 3) der zweite Tag Nissan – tatsächliche Reinigung; und 4) vom fünfzehnten Nissan bis Matan Tora – tatsächliche Erlösung.
XVIII. Dies bietet uns praktische Anweisungen.
Die wahre und endgültige Reinigung wird erst mit dem Kommen des Maschiach erreicht werden, wenn „Ich den Geist der Unreinheit von der Erde wegnehmen werde.“20
Mit dem Kommen des Maschiach wird es immer noch einen Geist der Unreinheit geben. Dies geht aus der halachischen Entscheidung des Rambam21 hervor, dass „der Maschiach ganz Israel zwingen wird“, die Tora zu studieren und die Gebote zu halten. Der Ausdruck „zwingen“ weist darauf hin, dass nicht jeder dies bereits aus freiem Willen tun wird. Denn es wird noch einen Geist der Unreinheit geben, und es wird die Aufgabe des Maschiach sein, diesen Geist der Unreinheit von der Erde zu entfernen.
Das mag manche zu der Annahme verleiten, dass es deshalb im Moment nichts zu tun gibt und man sich ganz auf Maschiach verlassen sollte. Paraschat Para lehrt uns also Folgendes:
Um die Läuterung und Erlösung tatsächlich und vollständig zu erreichen, muss unsererseits eine gewisse Vorbereitung stattfinden. Wir müssen die Läuterung so weit wie möglich herbeiführen. Wir müssen uns von der ursprünglichen, hauptsächlichen Ursache der Unreinheit reinigen, ganz im Sinne der Aussage unserer Weisen: „Wer sich mit den Lehren über ein Sündopfer beschäftigt, ist so, als ob er ein Sündopfer dargebracht hätte.“22 Und die Tora nennt die Para Aduma (rote Kuh) ein Sündopfer.23 So befreien wir uns von den Hauptformen der Unreinheit und ihren Folgeerscheinungen und bewirken so die eigentliche Reinigung und Erlösung durch das Kommen des Maschiach, und zwar bald, noch in unseren Tagen.
(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat haChodesch 5716)
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