Es war spät in der Nacht, als plötzlich das Telefon im Haus von Rabbiner Jossef Itzchak Blinow läutete. Der Rabbiner ahnte, dass es sich um etwas sehr Dringendes handelte. Er hob den Hörer ab; doch er hatte nicht im Geringsten vermutet, welch faszinierende Geschichte er über den Lubawitscher Rebben hören würde… Diese Geschichte ereignete sich im Monat Elul (September) des Jahres 2005.

Außer seiner Funktion als Gemeinderabbiner im Zentrum Bne Braks, war Rabbi Jossef Itzchak Blinow auch als Rabbiner im Institut für Thorarollen, Tefilin und Mesusot tätig. Dort saß er in seinem Büro und gab Antworten auf Fragen im jüdischen Gesetz bezüglich dem Thema Thorarollen, Tefilin und Mesusot, welche gesetzmäßige Entscheidungen erforderten.

Im Elul, der letzte Monat des jüdischen Jahres, ist es ein weitverbreiteter Brauch, die Tefilin und Mesusot zu kontrollieren. Eines Tages kam ein junger verheirateter Zans-Chassid ins Institut mit einer Frage über seine Rabenu-Tam-Tefilin (ein zweites Paar Tefilin); es ging um den Buchstaben „Zadik“ in der Schriftrolle der Handtefilin. Rabbi Blinow sah sich die Schriftrolle genau an. Er musste diese für untauglich erklären; da der fehlerhafte Buchstabe nicht mehr zu korrigieren war.

Dem jungen Mann fiel es sehr schwer, dies zu hören. Wie sich herausstellte, entstand höchstwahrscheinlich dieser Fehler bereits beim Schreiben der Schriftrolle. Der Chassid konnte nicht glauben, dass er die gesamte Zeit über jeden Morgen unkoschere Tefilin angelegt hatte. Er fragte den Rabbiner, ob es möglich wäre, den Sofer, der ihm die Schriftrollen der Tefilin geschrieben hatte, anzuklagen.

Nachdem Rabbi Blinow die Schriftrolle nochmals sorgfältig betrachtet hatte, sagte er dem jungen Mann, dass er sich mit einem diplomierten Thora-Korrektor beraten solle, um sich zu vergewissern, dass der Fehler tatsächlich vom Zeitpunkt des Schreibens der Schriftrolle stammt. Erst dann solle er zum Sofer gehen und ihn darauf ansprechen. Der Mann dankte dem Rabbiner und verließ mit großem Kummer das Institut.

In derselben Nacht rief jener Mann beim Rabbiner zu Hause an. Er stellte sich als junger Zans-Chassid vor, welcher während des Tages das Institut besucht hatte. Er entschuldigte sich für den späten Anruf. Seine erregte Stimme bezeugte, dass es sich um etwas sehr Ernstes handelte. „Da Sie den Chabad-Chassidim angehören, muss ich ihnen das unbedingt erzählen…“, sagte er. „Der Rebbe wusste einfach alles!“ Rabbi Blinow hörte dem Chassid gespannt zu:

„Ich befinde mich gerade im Haus meines Vaters. Ich bin zu ihm gekommen, um ihm die unerfreulichen Neuigkeiten über meine Rabenu-Tam-Tefilin mitzuteilen. Als ich ihm über die Tefilin erzählte und dass sie wahrscheinlich bereits fehlerhaft geschrieben wurden, bemerkte ich die Aufregung und Furcht auf seinem Gesicht. Mein Vater schwieg für einen kurzen Moment, schloss seine Augen; und dann rutschten ihm voller Schmerzen folgende Worte heraus: ,Oy vey, jetzt erinnere ich mich wieder! Der Lubawitscher Rebbe hat mir ja gesagt, dass ich die Tefilin kontrollieren lassen solle!‘

,Was hat das zu bedeuten?‘, fragte ich verwundert. Und so begann mein Vater mir zu erzählen, dass ihm ein wenig vor meiner Bar Mitzwa die Ehre zuteil wurde, bei der Dollarverteilung des Lubawitscher Rebben dabei zu sein. Dies war im Jahr 1990. Als er vor den Rebben trat und dessen heiliges Antlitz erblickte, bat er um Segen für die gesamte Familie; insbesondere für mich, da ich kurz vor meiner Bar Mitzwa stand. Der Rebbe lächelte meinen Vater sanft an und sagte: ‚Ihr werdet sicherlich dafür sorgen, die Rabenu-Tam-Tefilin Eures Sohnes kontrollieren zu lassen.‘

Mein Vater war etwas verwirrt. Er hatte keine Ahnung, was der Rebbe gemeint hatte, denn bei uns Zans-Chassidim, anders als bei Chabad, ist es nicht Brauch, Rabenu-Tam-Tefilin schon ab der Bar Mitzwa anzulegen. Schließlich überwand mein Vater seine Unsicherheit und erwiderte dem Rebben: ‚Wir Zans-Chassidim legen Rabenu-Tam-Tefilin erst nach der Hochzeit an.‘

‚Wenn dem so ist, so bringt seine Rabenu-Tam-Tefilin dann zur Kontrolle‘, beharrte der Rebbe. Dies waren die letzten Worte, welche mein Vater vom Rebben vernahm, eher er aus der Menge der Chassidim hinausgedrängt wurde.

Die Jahre vergingen. Ich war inzwischen herangereift und heiratete. Mein Vater hatte vollkommen über sein Gespräch mit dem Lubawitscher Rebben vergessen. Als ich ihn heute besuchte und ihm erzählte, dass meine Rabenu-Tam-Tefilin untauglich sind – und das höchstwahrscheinlich von Anfang an, traf ihn diese Nachricht wie ein Blitz. Vor seinen Augen erschien auf einmal die faszinierende Prophezeiung des Lubawitscher Rebben vor über fünfzehn Jahren, die Rabenu-Tam-Tefilin zur Kontrolle bringen zu lassen!

,Nun wird mir alles klar‘, erwiderte mir mein Vater. Er entschuldigte sich aufrichtig bei mir. Er hätte einfach auf den Rebben hören sollen und die Tefilin kontrollieren lassen müssen. Die Sache, die uns am meisten fasziniert hatte war: Wie wusste der Rebbe über die untauglichen Tefilin noch bevor sie überhaupt zu Schrift gebracht wurden?! Des Rebben Augen sehen wirklich bis ins Fernste“, beendete der junge Zans-Chassid seine Geschichte mit aufgeregter Stimme.