Obwohl Reb Susja von Hanipoli nie Geld, aber immer Geduld hatte, fand er keine Ruhe. Einmal plagte ihn seine Frau, weil sie ein neues Kleid haben wollte. Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als das notwendige Geld irgendwie zu beschaffen und Stoff zu kaufen. Er gab den Stoff seiner Frau, damit sie ihn zum Schneider bringe, und hoffte nunmehr auf Ruhe und Frieden. Doch als es Freitag war, sah er, wie das Gesicht der rebbizin sich verdüsterte.

“Was ist denn los?” fragte er. “Jetzt hast du doch ein neues Kleid, G-tt sei gedankt.”

Sie berichtete, der Schneider habe einen tiefen Seufzer ausgestoßen, als sie ihm den Stoff gebracht habe, und auf ihre Frage nach dem Grund habe er geantwortet: “Mein künftiger Schwiegersohn hat gesehen, daß ich ein Kleid nähe, und er dachte, es sei für die Braut. Als er die Wahrheit erfuhr, wurde er wütend, und das macht mir Kummer.”

“Also”, schloß die rebbizin, habe ich das Kleid sofort dem Schneider geschenkt, für die arme Braut.”

“Hast du ihn auch für seine Arbeit bezahlt?” fragte Reb Susja.

“Nein”, sagte sie. “Aber ich habe ihm das ganze Kleid geschenkt.”

“Wie konntest du den Mann nur seines Lohnes berauben?” protestierte Reb Susja. “Er hat die ganze Woche für dich gearbeitet, nicht für seine Tochter. Von seinem Lohn wollte er gewiß Essen für seine Kinder kaufen. Was soll der Arme jetzt tun? Es ist doch nicht seine Schuld, daß du das Kleid der Braut geschenkt hast!”

Also ging die rebbizin noch einmal weg, borgte sich etwas Geld und bezahlte den Schneider.