Wer die Streiche von Reb Schmuel Munkes miterlebte, mochte ihn für einen ausgelassen Chassid halten, für eine art Witzbold. Aber sein Rebbe, Reb Schneur Salman von Liadi, hatte große Achtung vor ihm, weil er seine tiefe Spiritualität kannte.

Eines Tages saß er mit seinen Freunden beim Farbrengen, wie es bei den Chassidim Brauch war. Sie diskutierten über die Lehre ihres Rebbe und erzählten einander Geschichten über große Männer. Ab und zu nippten sie Wodka oder aßen einen Happen von den Erfrischungen, die auf dem Tisch standen. Einer von ihnen, ein Schochet, hatte einen Teller mit gekochtem Fleisch mitgebracht, um alle damit zu bewirten. Reb Schmuel nahm ihm den Teller sofort ab, klemmte ihn sich unter den Arm und ließ niemanden heran. Die anderen verlangten, den Teller mitten auf den Tisch zu stellen, und als er sich weigerte, versuchten es einige sogar mit Gewalt. Als er merkte, daß sie ihn bald überwältigen würden, hob er den Teller hoch, tanzte mit ihm in eine Ecke des Zimmers und warf ihn dort auf einen Abfallhaufen.

Die Chassidim waren verdutzt über dieses sonderbare Verhalten und wollten ihm eben ihre Meinung sagen – aber in diesem Augenblick kam ein atemloser Bote vom Haus des Schochet und rief ihnen zu, nicht von dem Fleisch zu essen, denn es sei trejfa und versehentlich mitgenommen worden.

Die älteren Chassidim fragten Reb Schmuel: "Sag mal, du kleiner Zadik, seit wann flüstert die Stimme der g-ttlichen Inspiration Geheimnisse in dein Ohr?"

Er wußte, daß sie mit ihren gutmütigen Scherzen nicht nachlassen würden, und darum blieb ihm keine andere Wahl, als zu erklären: "Vor Jahren, als ich mich auf meinen ersten Besuch beim Rebbe vorbereitete, beschloß ich, allem Materiellen zu entsagen, das ich übermäßig begehrte. Heute, als ich diesen Teller in die Hand nahm, verspürte ich Gier auf das Fleisch – und darum aß ich es nicht. Und als ich sah, wie gierig wir alle waren, warf ich es weg."