Wir befinden uns jetzt im Monat Nissan. Er kündigt Pessach an – und Mazzot. Gibt es eine schlichtere Speise als Mazzot?

Sie waren ursprünglich das “Brot der Leiden”, eine einfache Speise, die wir auf der Flucht aus Ägypten verzehrten. Sie wurden in aller Eile bereitet, denn mit einem feindlichen Heer auf den Fersen blieb keine Zeit, Brotlaibe zu backen.

Heute werden die Mazzot oft als trocken und geschmacklos verspottet und als “Opfer” betrachtet, wenn man sie am Pessach statt des normales Brotes ißt.

Darum wollen wir die unterschätzten knusprigen Mazzot hier einmal loben. Mazzot sind im Grunde Meister der Verkleidung, unendlich wandlungsfähig. Im Lebensmittelgeschäft finden Sie sie in Kuchen und Keksen und Getreideflocken. Zu Hause sind sie in vielen Rezepten enthalten, zum Beispiel in den vorzüglichen Mazzotkugeln, einer eßbaren Legende, die leicht und flaumig, aber auch dicht und kernig sein kann. Mazzot tragen viele Masken, vom Appetitanreger bis zum Nachtisch. Natürlich wurden all diese Rezepte aus der Not geboren, weil das Essen am Pessach bestimmten Regeln unterworfen ist. Aber denken Sie einmal nach – könnten Sie auch aus Brokkoli als Hauptnahrungsmittel am Pessach soviel machen?

Dann gibt es noch Mazzot als Grundlage des Seders, als brüchige Basis, auf die wir die Vorspeisen moror und charosset bauen. Wenn wir die Mazzot als Symbol sehen, dann symbolisieren sie gewiß mehr als unsere Not in der Wüste.

Mazzot werden auch “Nahrung des Glaubens” genannt. Man sagt, sie stärkten unsere emuna, die Glaubenskraft. Ein Zyniker würde sagen, daß wir schon Glauben brauchen, um Mazzot überhaupt als Essen zu akzeptieren. Aber ein kluger Mensch erkennt, daß Mazzot eine perfekte Metapher für unsere Fähigkeit zu glauben sind.

Was ist Glauben? Er ist nicht zu fassen und nicht zu definieren – wir müssen ihn erfahren, um ihn zu verstehen. Wer ihn nicht hat, findet ihn ebenso nutzlos wie Mazzot – ein flaches, fades Ding, das die Narren loben.

Aber wer bereit ist, seine Phantasie zu nutzen, sein Herz zu öffnen, die Seele dem Glauben zu öffnen, sieht darin ein Füllhorn der Freude. Glaube ist wie die Hoffnung “das Ding mit Federn, das in der Seele kauert”, wie der Dichter es ausdrückt.

Sind Mazzot bescheiden? Nur so bescheiden oder so unendlich wandelbar wie Ihre Seele. Heben Sie an diesem Pessach ein Glas auf die Speise des Glaubens!