Es gab einen Mann, der dachte, er müsse ein Sackkleid tragen und sich nur von Brot und Wasser ernähren, um heilig zu werden. Er hatte den tieferen Sinn vom Heiligsein nicht erfasst. Da er dazu noch nicht besonders gescheit war, lachten die Leute und nannten ihn „den dummen Heiligen".

Als er einmal Rabbi Naftali von Ropschitz besuchte, versicherte er sich, dass ein Teil seines Sackkleides unter seinen Kleidern hervor schaue, damit Rabbi Naftali es bemerke. Rabbi Naftali murmelte vor sich hin: „Er ist gar nicht so dumm!". Hocherfreut, dass nun endlich jemand seine wahre Grösse erkannt habe, näherte er sich dem Rabbi und sagte: „Ich freue mich, dass wenigstens der Rabbi es versteht".

Darauf antwortete ihm Rabbi Naftali: „Ich habe nicht Dich gemeint, sondern den Jetzer Hara (den schlechten Trieb). Der König Salomon vergleicht den schlechten Trieb mit einem alten, dummen König. Doch ich sehe, dass er gar nicht so dumm sein kann, wenn es ihm gelingt, Dich zu überreden, in einem Sackkleid zu hausen!"