Reb Jehuda Halevi, der große jüdische Dichter des goldenen Zeitalters in Spanien, hatte einen nichtjüdischen Nachbarn, der ebenfalls Poet war. Doch dieser Nichtjude leugnete die Existenz eines Schöpfers. Er behauptete, die Welt sei von selbst entstanden. Die beiden Männer diskutierten oft darüber, aber der Jude konnte den anderen nicht von der Torheit seiner Ansichten überzeugen.

Eines Tages schrieb der Nachbar ein schönes Gedicht, fand aber keine Schlusszeilen — seine Inspiration hatte ihn verlassen. Also ging er im Garten spazieren, um den Geist zu erfrischen.

Da ging Reb Jehuda Halevi am Haus vorbei und sah durchs offene Fenster ein Blatt Papier auf dem Schreibtisch liegen. Er beugte sich hinein und las das unfertige Gedicht. Dann fügte er den Vers hinzu, der das Werk vollkommen abrundete.

Als der Nichtjude zurückkam, ging er zum Schreibtisch. Dort lag sein Meisterwerk — und jetzt war es perfekt! Er traute seinen Augen nicht. Er wusste, dass er diese herrlichen Zeilen nicht geschrieben hatte. Wer dann? Voller Erstaunen eilte er zu seinem Nachbarn und erzählte ihm von dem seltsamen Ereignis.

„Warum bist du so überrascht?“, fragte Reb Jehuda kühl. „Das Gedicht hat sich eben selbst geschrieben!“

„Du weißt, dass das unmöglich ist“, sagte der Nichtjude ernst. „Mach keine Witze. Ein Kunstwerk vollendet sich nicht selbst!“

„Aha!“, rief Reb Jehuda aus. „Das gibt du also zu. Ein Gedicht schreibt sich nicht selbst. Nun gut, aber auch eine herrliche Welt wie die unsere mit ihren komplizierten Abläufen kann sich nicht selbst erschaffen!“

Nun gestand der Nichtjude seine Niederlage ein. Ja, die Welt muss von einem höheren Wesen erschaffen worden sein.