Leute stoßen sich an Erziehungspsychologen und deren Euphemismen, aber ich frage mich oft, ob wir deren Political Correctness nicht besser anwenden sollten, wenn es Fragen der Tora geht. Die vier Söhne zum Beispiel, könnten besser als Begabter, Schwieriger, Ausgeglichener und Wissbegieriger verstanden werden. Jene, die den "Entweihern des Heiligen Sabbat" intolerant gegenüberstehen, könnte man durch die Bezeichnung "Sabbatisch Geforderter" zu einem bedeutungsvolleren Dialog ermutigen. Ich bin mir sicher, dass Ihnen da noch viele weitere Umschreibungen einfallen würden... vom "Chassidisch Geforderten" oder dem "Authentitisch Geforderten" usw. usf.
Es gibt auch einige wichtige Aspekte der Geschichte des Auszugs, die man besser verstehen könnte, wenn wir die richtige Terminologie nutzen würden. Nehmen wir das Ereignis der Teilung des Meeres, die sich am 7. Tage von Pessach ereignete. Es ist einfach, Pharao abschätzig zu sehen, wenn man die Dinge oberflächlich betrachtet. Hier sieht er, wie ein Volk von einer Feuersäule über den Meeresgrund zwischen zwei versteinerten Wassersäulen an trockenes Land geführt wird - selbst Indiana Jones hätte zweimal nachgedacht - und wie ein Verrückter mit seiner gesamten Armee nachzieht. Und es ist auch nicht so, als hätte es keinen Präzedenzfall gegeben, von dem er lernen konnte.
Man ist geneigt, den Pharao in dieser Situation als ein wenig rückständig zu bezeichnen - um es mal nett auszudrücken. Dies ist ein Fall, in dem der Gebrauch der PC-Terminologie nützlich ist. Sie müssen verstehen, dass der Pharao intellektuell fähig war - er war nur monotheistisch gefordert.
Genauer gesagt gehörte Pharao zu einer Unterkategorie der monotheistisch Geforderten, die eine Bindung zu einer wahrgenommenen natürlichen Ordnung haben ("Ma'at" im antiken Ägyptisch. Dem buddhistischen Konzept des Karma gleich. Modern ausgedrückt: "Physik".) Wenn ein Konflikt zwischen natürlicher und wahrgenommener Realität (zum Beispiel Wunder) entsteht, dann erfährt das Subjekt Ängstlichkeit. Wobei diese Angst einfach dadurch aufgelöst werden kann, indem man von einer omnipotenten Macht ausgeht, die hinter der Natur steht und darüber hinaus existiert - dennoch zieht unser Subjekt es vor, diese offensichtliche Realität zu ignorieren und das von ihm zuvor in seine Persönlichkeit integrierte Weltkonzept natürlicher Ordnung vorzuziehen. Dies könnte zu einem extremen Ertrinken in den auf ihm herunterstürzenden Wellen des Roten Meeres führen.
Sehen Sie? Jetzt, wo ich eine sympathischere Sicht auf den Pharao geschaffen habe, fällt es viel leichter, ihn zu verstehen. Letztlich tun wir die ganze Zeit dasselbe. Ich zumindest. Man nennt es "sich sorgen".
Wenn wir uns sorgen, so ist dies ein Zustand, in dem wir das Offensichtliche ignorieren - zugunsten einer verzerrten, unbegründeten Sicht darauf, wie wir uns die natürliche Ordnung vorstellen. Wir stellen uns unser Leben als Kampf zwischen unserer eigenen Kompetenz und den Kräften der Physik, Kommerz und sozialen Akzeptanz. Persönlich gesehen bedeutet das für mich, dass ich mich um vieles sorgen müsste.
Die offensichtliche Wahrheit ist, dass unser alltägliches Leben voller Wunder steckt, die von oben kommen. Wir haben nur sehr wenig Einfluss darauf, wo wir enden und was wir dort zu tun haben. Physik hat ebenfalls nicht viel zu sagen. Wir können nur das beste mit dem uns Anvertrauten tun und Vertrauen in dem Direktor Des Ganzen haben, dass Er weiß, was Er tut.
Stattdessen sorgen wir uns.
Warum sorgen wir uns? Weil wir die Wunder nicht erkennen. Warum erkennen wir die Wunder nicht? Weil wir diese natürliche Prdnung um uns herum sehen und denken, dass wenn es eine natürliche Ordnung gibt, es dann keine Wunder hätte geben können, richtig? Bedeuten Wunder nicht letztlich, dass die Naturgesetze kurzzeitig aussetzen, das Leben wirr wird und G-ttes Stimme vernommen wird, wie sie sagt: "Tzvi Freeman, sieh mal! Das ist ein Wunder!"?
Falsch. Das ist schon wieder der Pharao. Vielleicht ein wenig subtiler, aber dennoch Pharao.
Monotheismus bedeutet, dass die natürliche Ordnung keine vorgegebene Ansammlung von Regeln ist, nach denen man entweder lebt oder die man bricht. An die Eine Unendliche Kraft zu glauben, die hinter allem steckt bedeutet, dass man Ihn überall findet - kein beaufsichtigendes Komitee, keine Beschwerdekammer, keine Schwiegermutter. Nicht einmal natürliche Ordnung.
Die Prognose? Laut den Propheten werden wir letztlich hieraus erwachsen. So lesen wir in der Haftara des letzten Tages von Pessach: "Wie in den Tagen als ihr Ägypten verlassen habt, so werde ich euch Wunder sehen lassen." (Jesaja 10:32)
Rabbi Menachem Mendel von Lubawitsch (der "Zemach Zedek," 1789-1866) erklärte: "Wie in den Tagen, als ihr auf die Teilung des Roten Meeres gezeigt und gesagt habt "Mein G-tt tut das!", so werde Ich euch in jenen Zeiten die gar wunderbaren Wunder aufzeigen, die in eurem alltäglichen leben stattfinden."
Wir können unseren Verstand öffnen und versuchen, nun zu beginnen.
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