Paraschat Masej beginnt mit dem Satz: „Dies waren die Reisen, mit welchen das jüdische Volk Mizrajim (Ägypten) verliess“. Danach werden 42 Orte aufgezählt, an welchen das Volk in seiner vierzigjährigen Wüstenreise Rast machte.

Eigentlich war es nur eine Etappe der Reise, welche das Volk von Ägypten hinaus führte – die Reise von Raamset nach Sukkot. Es muss deshalb verwundern, wenn dennoch alle 42 Reiseetappen als „Reisen mit welchen das Volk Mizrajim verliess“ bezeichnet werden.

Das Wort Mizrajim in seiner hebräischen Form bedeutet auch „Grenzen“. Das Verlassen von Mizrajim symbolisiert demnach das verlassen der Gefangenschaft in den eigenen Grenzen und die Erreichung höherer Ziele. Wenn ein Mensch sich innerhalb einer gewissen geistigen Grenze befindet, bedeutet die erste Reiseetappe schon eine Sprengung dieser Grenzen und eine Befreiung von „Mizrajim“. Doch wenn er nach dem Erreichen dieses neuen Ziels aufhört weiter zu suchen, wird ihm auch das neu erreichte Ziel wieder zum „Mizrajim“.

Das Leben kann mit einer Bergbesteigung verglichen werden: Es ist die Aufgabe des Menschen, ständig höhere Ziele zu erreichen, unterlässt er dies jedoch, fällt er umso niedriger. Was vorher noch ein Verlassen von Mizrajim bedeutete, ist jetzt selbst ein Mizrajim – Gefangenschaft. Nur wenn der Mensch auch weiterhin, seine Grenzen zu überwinden versucht, befindet er sich im Prozess der Erlösung.

In diesem Sinn kann auch die Aussage des Baal Schem Tow, jeder Mensch müsse in seinem Leben 42 solche Etappen durchmachen, verstanden werden. Diese Reiseetappen sind Herausforderungen, mit den er stets höhere Ziele erreichen kann und immer wieder scheinbar unüberwindbare Grenzen sprengen kann.

Jeder Mensch sollte also folgende Überlegung anstellen können: Auch wenn er in seinen Augen sehr niedrig ist und das Gefühl hat, er sei sehr weit von allem Geistigen und Heiligen entfernt, kann er durch nur einen Schritt Vorwärts dieses Mizrajim, diese geistige Gefangenschaft, verlassen.

Auch umgekehrt sollte ein Mensch realisieren, dass wenn er im Leben auch schon viel erreicht hat, nie stehen bleiben darf, da ihm auch die höchste Stufe zum Mizrajim werden kann, wenn er gedenkt, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und nicht weiter zu wachsen.