Endlos ist die Vielheit und Mannigfaltigkeit von Tora. So könnte sie, zum Beispiel, als ein Mittel angesehen werden, um durch sie eine Belohnung zu erhalten oder eine Bestrafung zu vermeiden; oder sie kann als eine Anweisung zu einem guten, passenden Lebenswandel dienen. Wir wollen heute eine chassidische Ansicht vorlegen:

Diese Welt, als Schöpfung, kann nichts mit dem Schöpfer gemeinsam haben Die Welt besteht aus verschiedenartigen geschaffenen Dingen, die gewöhnlich in vier "Reiche" angestuft werden – Mineralien, Pflanzenwelt, Tierwelt und Menschheit. Wenn wir sogar nur bei der höchsten dieser Gruppen, dem Menschen, bleiben und dabei dann wieder nur den höchsten darunter – also den intelligentesten aller Menschen – berücksichtigen, gibt es doch nichts, das ihn irgendwie mit G-tt auf eine Stufe stellen könnte. Denn der Mensch ist ein geschaffenes, begrenztes Wesen, während der Schöpfer unbegrenzt und unendlich ist.

Es ist überhaupt unmöglich, innerhalb der Schöpfung selbst eine Analogie zu finden, wodurch der Unterschied zwischen G-tt und etwas Begrenztem illustriert werden könnte. Zum Beispiel wäre das Verhältnis eines großen Wissenschafters zu einem gewöhnlichen Stein eine absolut unpassende Analogie des Verhältnisses G-ttes zu einem endlichen Wesen; denn beide Bestandteile der Analogie, der Stein sowohl als auch der Wissenschafter, sind etwas Geschaffenes, während G-tt völlig außerhalb dieses Bereiches steht, weil Er selbst der Schöpfer ist.

Dennoch hat G-tt uns eine Möglichkeit gegeben, uns zu Ihm zu nähern, mit Ihm in Verbindung zu treten. Dies ist die Tora, die es einem geschaffenen, begrenzten Wesen ermöglicht, über die ihm anhaftenden Beschränkungen hinauszugreifen und in Richtung des Unendlichen vorzudringen. Tora und Mizwot geben uns die Mittel in die Hand, über unseren Zustand als Geschöpfe hinauszuwachsen.

Auf dieser Grundlage sollte es dann nicht mehr als seltsam erscheinen, dass Tora und Mizwot in solch materiellen Gegenständen ihren Ausdruck finden wie (den Vorschriften von) Kaschrut, Tefillin, Zizit usw., und dies aus zwei Gründen:

Erstens kann unser Verstand, der – seinerseits – auch etwas Geschaffenes ist, sich nur mit etwas abgeben, das ebenfalls geschaffen ist. Er kann nicht darüber hinausgehen; wir sind nicht in der Lage, eine Erkenntnis dessen zu erlangen, das jenseits der Grenzen liegt. Einzig der Schöpfer kann wissen, wie man sich ihm nähern kann; Er hat uns die Zugangsstraßen (die Methode) angewiesen – und das sind die Mizwot Und wenn auch oft gefragt wird: "Was für eine Beziehung kann ein materieller Gegenstand wie Tefillin zu G-tt haben?", können wir demgegenüber mit der gleichen Berechtigung fragen: "Was für eine Beziehung kann das sogar hochstehendste, das vergeistigste aller Wesen zu G-tt haben?". Vom Schöpfer sind alle geschaffenen Dinge, das spirituellste wie das körperlichste, gleich fern entrückt.

Zweitens hat G-tt es dennoch so gewollt, dass es allen Menschen ermöglicht sei, sich auf einen Standort emporzuschwingen, wo sie über die geschaffenen Grenzen hinaus vordringen und sich Ihm nähern können. Alle können Tora und Mizwot beobachten. Würden die Mizwot dagegen bloß gewaltige Verstandeskräfte oder tiefste Gefühle voraussetzen, dann wäre dieser Zugang doch nur denjenigen frei, die dementsprechend "groß" sind.