Unser Wochenabschnitt dreht sich in jedem Jahr um das Schawuotfest; öfters danach als davor. Sein Zusammenhang aber mit dem Fest des Empfangs der Thora bleibt ein und derselbe, nämlich die universelle Größe, welche die Thora dem Menschen, der sie studiert, verleiht – „Nasso“, Aufstieg und Erhebung. Durch das Bekommen der Thora erreichte das jüdische Volk seinen Höhepunkt, die Erhebung zu G-tt bis zur vollkommenen Vereinigung mit Ihm!

G-tt „erfassen“

Bei der Offenbarung am Sinai erwählte G-tt die Kinder Israels zu Seinem Priestertum und heiligen Volk und erhob sie dadurch über jedes andere Volk. Diesen spirituellen Aufstieg erlangt man durch die Thora. Denn sobald der Jude die Thora studiert und vor allem ihre inneren Dimensionen, erhebt sie ihn über die irdische Welt und ihre Grenzen. Er wird befähigt in seinem Geist die Welt aus einer Perspektive zu entdecken, in der er ihr wahres Wesen erkennen kann.

Die Besonderheit des Thorastudiums, sogar im Vergleich zum Erfüllen der Gebote, liegt daran, dass ihr Erlernen eine „Verschmelzung“ zwischen dem Verstand des Menschen und der Weisheit G-ttes (der Thoralehre) bewirkt. Denn sobald der menschliche Verstand die Lehre der Thora begreift, „erfasst“ er den g-ttlichen Verstand und ist ein Teil von ihm geworden; und auch der Verstand wird gleichzeitig von der Thora nicht losgelassen, während man sie studiert. Somit ist die spirituelle Verschmelzung zwischen G-tt, Dessen Kern Seine Weisheit ist, und dem Menschen, dessen Kern sein Verstand ist, vollkommen. Dies erhebt den Menschen auf ein völlig anderes, höheres Niveau.

Erhebung des Hauptes

Diese Erhebung mittels der Thora wird durch die innere Bindung zwischen G-tt und dem Juden möglich. Das Thorastudium des Juden ist nicht bloß das Erlernen einer Weisheit. Es bewirkt eine Bindung zweier Wesen, die von Grund auf zusammenhängen.

„Die Seele des Juden ist buchstäblich ein Teil G-ttes von droben“1, heißt es im Buch Tanja, und die Thora ist das verbindende Glied zwischen der g-ttlichen Seele und ihrem Schöpfer. Deshalb bewirkt die Thora beim Juden „Nasso“, eine „Erhebung des Hauptes“. – Das Haupt, Zentrum des menschlichen Wesens, erhebt sich mittels der Thora bis zu höchsten Ebenen, zu G-tt höchstpersönlich.

Der Stamm Lewi

Diesen Aufstieg erlebt man durch das Erhalten der Thora; unser Wochenabschnitt aber hebt einen zusätzlichen Punkt bei dem spirituellen Aufstieg durch das Erhalten der Thora hervor. Außer der Erhebung jedes Juden als Teil des „Priestertums und heiligen Volkes“, erfahren wir von einer zusätzlichen „Erhebung des Hauptes“ des Stammes Lewi. Und wie Rambam lehrt2, kann „jeder, der von hohem Geiste erfüllt ist und seine Bestimmung in dem Dienst an G-tt sieht, auf der spirituellen Stufe des Lewiten stehen“.

Deshalb, wenn dem Juden seine „Basisheiligkeit“, die ihm seine Zugehörigkeit zum „Priestertum“ verleiht, nicht ausreicht und er sich entscheidet das Thorastudium intensiver anzugehen, besteigt er eine weitere Stufe auf der Leiter der G-ttlichkeit. Die Lehre G-ttes erfüllt seinen Verstand, bis sein Verständnis zum Verstand der Thora und der Weisheit G-ttes wird! Somit erreicht der Jude G-tt, „erfasst Ihn und nimmt Ihn auf“, denn „Er und Seine Thora sind eins“, wie im Sohar geschrieben steht!3

Wir befinden uns erst wenige Tage nach dem Schawuotfest. Noch immer umgibt uns die Atmosphäre des Feiertags. Jeder von uns kann diese Gelegenheit nützen sein Thorawissen zu erweitern, die „Weisheit G-ttes“ näher kennen zu lernen. Regelmäßiges Lernen, sei es täglich oder auch nur wöchentlich, nur eines der so vielfältigen Themen der Thora ist ein guter Anfang; und diese Tage sind dafür ein guter Zeitpunkt!

(Torat Menachem Hitwaadujot, Jahrgang 5750, Seite 272)