Im Wochenabschnitt Wajechi lesen wir von Jakob auf dem Sterbebett. Er erteilt Josefs Söhnen Ephraim und Menasche seinen berühmten Segen. Dabei geht es vor allem darum, die Verheißung weiterzugeben, die Jakob von G–tt erhalten hat: “Ich werde dich fruchtbar machen und dich vermehren und ein großes Volk aus dir machen.

Wir können akzeptieren, daß dies in den biblischen Zeiten eine große Ehre war. Aber werfen wir nun einen Blick ins 20. Jahrhundert. Wären wir mit einem Segen zufrieden, der uns viele Nachkommen verspricht? Ist das wirklich ein Segen für uns? Wäre uns Reichtum oder Besitz nicht viel lieber – oder zumindest ein langes, gesundes Leben?

Denken wir einmal darüber nach, was ein Segen ist, was wir von G–tt wirklich erwarten dürfen und sollen.

Herr Cohen, ein Rabbiner, grübelt über seinen Glauben und die Natur des Segens. Er hat vor kurzem erfahren, daß sein Sohn todkrank ist, und dabei merkte er, daß er manches, was er zu anderen in ähnlich schweren Situationen sagte, selbst gar nicht glaubte. Die Worte über den Willen G–ttes und den Sinn unserer Prüfungen klangen jetzt für ihn hohl. Er hatte gedacht, er sei irgendwie vor solchen Schmerzen geschützt, weil er ein Leben mit der Tora und den Mizwot führte und seinem Volk diente.

Das ist eine durchaus menschliche Reaktion, eine der Qualitäten, mit denen wir gesegnet sind. Es gehört zu unserer Existenz, daß wir kämpfen und lernen und dabei wachsen und G–ttes Willen verstehen lernen. Auch Herr Cohen findet seine Antwort in der Tora und den überlieferten Kommentaren: G–tt greift vor allem innerlich ein. Er heilt uns nicht augenblicklich durch ein Wunder, sondern gibt uns die Kraft, mit unserer Welt fertig zu werden.

Als Jakob Ephraim und Menasche segnet, macht er ihnen das größte Geschenk, das wir kennen: Er gibt ihnen die Chance, diese Welt zu einer Wohnung G–ttes umzugestalten. Beide werden das Geschenk an ihre Kinder und Enkel weitergeben, und dadurch wird dem ursprünglichen Bund eine neue Vereinbarung hinzugefügt: Wir werden zu Partnern G–ttes und dürfen die Schöpfung auf Erden vollenden.

Könnte es einen größeren Segen geben als die Gewißheit, daß Sie und Ihre Nachkommen Partner G–ttes sind? Das ist ein doppelter Segen: Der eine Teil ist der inner Wunsch, auf unserer materiellen Welt der Tora zu folgen und die Mizwot zu beachten; der andere Teil ist natürlich diese Welt selbst, die uns geschenkt wurde.