Es gibt nur zwei Paraschijot in der Tora, deren Namen das Wort „Chajim“ – „Leben“ beinhaltet. Es sind dies die Paraschijot Wajechi Jaakow und Chaje Sara. Das merkwürdige daran ist, dass Beide eigentlich vom Ableben dieser Personen handeln. – Paraschat Chaje Sara erzählt vom Ableben Saras (Abrahams Frau), während unsere Parascha vom Ableben unseres Vorvaters Jakob berichtet.
Um dies zu erklären, müssen wir vielleicht den Begriff „Leben“ genauer definieren. Leben kann vieles bedeuten: Biologisches Leben, Vegetarisches Leben, Mittel zum Leben und Lebensinhalt.
Alle Menschen leben ein biologisches Leben. Sie alle brauchen auch Lebensmittel zum Leben. Doch der Sinn des Lebens und der Lebensinhalt sieht bei jedem Menschen anders aus. So können wir die Aussage des Talmud verstehen, nach der Reschaim (Bösewichte) auch während ihres Lebens gewissermassen schon „gestorben“ sind. Da diese Leute den Egoismus und Sinnengenuss zum eigentlichen Höhepunkt und Sinn ihres Lebens erhoben haben, nähert sich dieser ihr Lebensinhalt täglich ein Stück dem Tode entgegen. Es ist ein Lebensinhalt, welcher dem Tod geweiht ist.
Zaddikim (Gerechte) dagegen, „leben“ auch nach ihrem Ableben weiter. Ihr Lebensinhalt und ihre Ideale sind nicht mit dem Körper verknüpft der begraben wird. In einem gewissen Sinn kann man sogar sagen, dass ihr Leben erst nach dem Tod richtig beginnt.
Erstens wird erst zu jenem Zeitpunkt klar, wie sich dieser Lebensinhalt von jenem den körperlichen Sinnengenüssen geweihten Lebens abhebt. Erst jetzt wird klar, dass diese Art von Leben die Einzige ist, welche auch für alle Ewigkeit weiter bestehen und erhalten bleiben wird.
Zweitens glaubt das Judentum an das Leben der Seele nach dem Tod. Erst nach der Trennung vom Körper, von irdischen Behinderungen befreit, kann sich die Seele voll und ganz entfalten und ihr wahres Leben beginnen.
Wenn Kinder vorhanden sind, welche die selbe Gesinnung verkörpern, welche von den Eltern vorgelebt wurde, kommt diese Idee besonders zum Tragen. Hier lebt der Mensch nicht nur im geistigen Sinn weiter. Durch seine Kinder, welche seine Ideale verkörpern, lebt er auch auf dieser Welt weiter. Auch bei dieser Idee trifft zu, dass dies erst nach dem Tode so richtig beginnt: So lange der Mensch noch lebt, kann er sich nie sicher sein, dass sich seine Kinder auch nach seinem Ableben, weiterhin seinen Idealen verpflichtet fühlen werden. Wenn die Kinder nach seinem Tod weiter so leben, wie es ihnen beigebracht wurde, zeichnet sich die Ewige Bedeutung seiner Ideale ab.
So lässt es sich erklären, warum gerade die Tora Abschnitte, welche über das Ableben dieser grossen Persönlichkeiten berichten, in ihrem Namen das Wort Leben beinhalten: Sara und Jakob führten nicht nur selbst ein würdiges, geistiges Leben, sondern es gelang ihnen auch, diese Lebenseinstellung an ihre Kinder zu übermitteln, wodurch sie auch selbst weiterlebten.
Diskutieren Sie mit