Im neuen Wochenabschnitt erlebt Mosche seinen dramatischen ersten Auftritt auf der biblischen Bühne. Er versucht, die Verfolgung seiner Brüder und Schwestern zu beenden, wird zum Tode verurteilt und muss nach Midjan fliehen, wo er Zippora heiratet und die Herden seines Schwiegervaters Jitro hütet. Dann empfängt er am brennenden Busch seine erste g-ttliche Offenbarung. G–tt befiehlt dem Hirten, nach Ägypten zurückzukehren und sein Volk zu retten. Er soll dem Pharao gegenübertreten und ihm die berühmte und bewegende Botschaft G–ttes verkünden: Lass mein Volk ziehen!

Wegen seiner typischen Bescheidenheit ist Mosche ein sehr zögernder Mann. Er scheint nach allen möglichen Gründen zu suchen, warum er der Aufgabe unwürdig sei. Einmal fragt er den Allm-chtigen: „Wer, soll ich sagen, hat mich geschickt? Wie ist dein Name?“ Wir kennen viele Namen für G-tt, aber der eine G–tt nennt Mosche einen rätselhaften, mysteriösen und mystischen Namen: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Ein seltsamer Name für das höchste Wesen. Viele Kommentare versuchen, diesen höchst ungewöhnlichen Namen zu deuten. Das Folgende ist eine sehr überzeugende Interpretation:

Das Bedeutsame an diesem Namen ist seine Zukunftsform: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Mosche stellte die höchste, existenzielle Frage: Wie soll ich dich nennen, G-tt? „Wie ist dein Name?“ bedeutet: Wie soll ich dich identifizieren, kennen, verstehen? Wie kann ein endlicher, sterblicher Mensch das unendliche Wesen kennen?

G-ttes Antwort lautet: „Ich werde sein, der ich sein werde“ im Futur. Du willst mich kennen, Mosche? Dann, fürchte ich, musst du warten. Wir können G-tt nicht unbedingt anhand vergangener Ereignisse verstehen, nicht einmal anhand der Gegenwart. Im Hier und Jetzt, wenn wir dem Leben und seinen Zweideutigkeiten ins Gesicht schauen, müssen wir erfahren, wie enorm schwierig es ist, die Vision des Allm-chtigen oder seinen gewaltigen, ewigen Plan zu begreifen.

Wir brauchen unendliche Geduld, um den unendlichen G-tt zu verstehen. Eines Tages, irgendwann in der Zukunft, wird er sich uns bekannt machen. Erst dann werden wir ihn und seine unergründlichen Wege wirklich kennen. „Ich werde sein, der ich sein werde.“

Wir alle stellen uns manchmal Mosches Frage. Warum gibt es Tragödien in der Welt? Warum müssen die Menschen so viel Leid und Schmerz ertragen, so viel Zorris? Wie viele Familien wurden in Israel buchstäblich und im übertragenen Sinne auseinander gerissen, weil der Kampf gegen unsere Feinde niemals endet? Wie viele Menschen, die wir aus unserer Gemeinde kennen, haben im Leben Tragödien durchgemacht? „Warum“, rufen wir, „warum?“

Wir lesen also, dass G–tt am Anfang der jüdischen Geschichte, als er zum ersten Mal zu Mosche sprach, ganz offen sagte: „Ich weiß, du willst mich und meine Wege verstehen. Aber du musst einsehen, dass das unmöglich ist – vorläufig.“ Ich werde sein, der ich sein werde. Eines Tages, wirst du mich kennen. Nicht heute oder morgen, aber irgendwann in der Zukunft wird alles einen Sinn ergeben, und du wirst es verstehen. Letztlich wird alles offenbart.

Bis dahin leben wir mit dem Glauben, mit Vertrauen, Hoffnung und viel Geduld. Wir sehen, wie das Schicksal sich entfaltet, und wir wissen nicht genau, was wir damit anfangen sollen. Und wir freuen uns voller Erwartung auf den Ehrfurcht gebietenden Tag, an dem wir den großen Namen des Allm-chtigen kennen und verstehen und mit unseren eigenen, fleischlichen Augen sehen werden, dass G-tt gut ist und seine Wege gerecht sind. Mögen wir es bald und noch in unseren Tagen erleben.