Eine Schülerin fragt ihren Lehrer, warum sie für ihren Aufsatz nur eine Zwei bekommen hat. Der Lehrer erklärt, ihre Arbeit sei zwar richtig, aber Grammatik und Zeichensetzung seien fehlerhaft. „Wegen ein paar Adjektiven und Kommas bekomme ich eine ganze Note weniger?“ fragt die Schülerin. „Ja“, antwortet der Lehrer.
Sie gehen in ein feines Restaurant. Der Kellner verlangt eine Krawatte, aber Sie haben keine. Er bietet Ihnen eine an, aber keine gefällt Ihnen. „Hören Sie, ich bin gut angezogen. Wollen Sie mich nur wegen der fehlenden Krawatte hinausschicken?“ fragen Sie. „Ja“, sagt der Kellner. Ist das fair oder unfair, logisch oder unlogisch? Nun, eine Regel ist eine Regel, oder nicht?
Wer diese Regeln aufgestellt hat, will verhindern, dass sie aufgeweicht werden. Wenn man eine Ausnahme macht und dann noch eine, dann verlangt bald jemand, die Grenze noch weiter hinauszuschieben. Wo soll das enden? Natürlich hat die Erosion der Normen nicht vorige Woche begonnen. Viele Leute beklagen den fehlenden Respekt der Jugend, ihren schlechten Musikgeschmack und so weiter. Das tat schon der Philosoph Eroneos im 2. Jahrhundert v.d.Z.
Gehen wir noch etwas weiter zurück. In Korach lesen wir diese Woche von der berüchtigten Rebellion, die Korach gegen Mosche und Aharon anführte. Wollte Korach Mosche wirklich herausfordern, oder war er nur neidisch?
Korach hatte Kleider aus blauer Wolle. Er fragte Mosche, ob sie Fransen haben müssten, denn es gab ein entsprechendes Gebot. Mosche bejahte. Korach fragte, was ein paar Fransen nützen sollten, wenn die blaue Wolle nicht korrekt sei.
Dann fragte er Mosche, ob man an der Tür eines Hauses mit heiligen Büchern eine Mesusa anbringen müsse. Mosche bejahte. Korach fragte: „Es genügt also nicht, die Tora zu besitzen, aber es genügt, ein paar Verse daraus an der Tür zu befestigen?“
Korach stellt scheinbar vernünftige Fragen. Wenn ich 95 % einer Regel gehorche, werde ich dafür nicht gelobt? Doch letztlich tut er genau das Gegenteil: Er will einen Teil der Regel missachten. Später könnte er wiederkommen und verlangen, diesen Abschnitt aus Levitikus zu entfernen, weil er zu schwierig sei! Wir haben ja noch den Rest der Tora!
Wie wollen Sie entscheiden, welcher Teil einer Regel ignoriert werden darf? Regeln sagen, dass es sinnlos ist, 100 % eines Lohnes zu geben, wenn Sie nur 95 % eines Zieles erreicht haben. Man würde nur etwas vortäuschen. Ebenso gut könnte ein Verkäufer sagen: „Ich habe Ihnen doch den größten Teil des Autos verkauft. Warum beklagen Sie sich über das fehlende Lenkrad?“
Noch viel wichtiger ist es, Regeln zu befolgen, die Mizwot betreffen und nicht Kommas oder Krawatten!
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