Der Ursprung für die „internationale“ Bezeichnung des jüdischen Volkes – Israel – liegt in unserem Wochenabschnitt, in welchem wir zum ersten Mal in der Thora auf den Volksnamen der Hebräer stoßen.
G-tt benannte Jakow mit diesem Namen, nachdem er mit dem Engel Esaws rang und ihn überwältigte. Daraufhin segnete ihn G-tt: Nicht Jakow heiße fortan dein Name, sondern Israel; denn um den Vorrang gekämpft hast du mit g-ttlichen Wesen und mit Menschen und hast gesiegt.
Das jüdische Volk sind die Nachkommen Jakows. Die zwei Namen des Patriarchen sind deshalb auch die allgemeinen Bezeichnungen für das jüdische Volk. Manchmal wird es „Jakow“ genannt und zu anderen Zeiten „Israel“.
Sohn und Knecht
Die Lehre der Chassidut erklärt1, dass „Jakow“ und „Israel“ zwei verschiedene Zustände in der Beziehung des jüdischen Volkes zu G-tt symbolisieren. Es gibt Zeiten, in denen die Kinder Israels als „Knechte G-ttes“ gelten, und andere, in denen sie Seine „Söhne“ sind. Das jüdische Volk als „Knecht“ drückt sich in „Jakow“ aus, wie es heißt: Und nun höre Mein Knecht Jakow. Wenn es aber eine Beziehung mit G-tt als „Sohn“ aufnimmt, wird das jüdische Volk „Israel“ genannt – Mein Sohn, Mein Erstgeborener, Israel.
Der Unterschied zwischen der Beziehung eines Sohnes zu G-tt und der eines Knechtes ist eindeutig. Während der Sohn den Willen seines Vaters mit Freude und Lebenslust erfüllt, würde der Knecht hingegen nicht selten die Anordnung seines Herrn verweigern wollen. Sehr oft sogar erfüllt der Knecht nur seine Aufgabe, weil er keine andere Wahl hat.
Der Fürst in dir
In der Beziehung zu G-tt kann der Jude seinen Dienst an G-tt – die Erfüllung der Thora und ihrer Mitzwot – mit Freude und Herzenslust angehen wie der Sohn; oder er dient Ihm wie ein Knecht, unwillig und aus Zwang.
Der Jude auf der Stufe von „Israel“ eifert freudig danach den Willen seines Schöpfers zu erfüllen; er führt keinen inneren Kampf, in welchem er sich überwinden muss die Mitzwot zu erfüllen. In der Lage des „Jakow“ aber ist die Beziehung des Juden zu G-tt viel schwächer. Innere Triebe kämpfen gegen ihn an, und er muss harte Gefechte führen um schließlich gezwungenermaßen den Willen G-ttes zu vollbringen.
Diese zwei Zustände drücken sich auch in den Namen „Jakow“ und „Israel“ aus. In „Jakow“ steckt das hebräische Wort für „Ferse“ (עקב), welche ja der gröbste Teil des Körpers ist, so wie der Knecht seinen Dienst auf „grobe Weise“ – ohne Freude und gefühllos – erfüllt. „Israel“ aber ist eine Zusammenstellung der hebräischen Wörter für „Fürst“ (שר) und „G-tt“ (א-ל), mit der Bedeutung, dass bei dem „Sohn“ die g-ttliche Seite der Fürst ist und nicht der innere Trieb.
Liebe auf den ersten Blick?
Der wahre Dienst an G-tt ist eine Beziehung zu Ihm aus Liebe. Dieses Niveau kann man aber nicht sofort erreichen; ihm ist die Stufe des „Jakow“ vor zu stellen. Mit G-tt ist es nicht Liebe auf den ersten Blick. Hochachtung, Liebe und Ehrfurcht zu Ihm müssen entwickelt werden.
Wenn nun jemand darüber klagt, dass die Erfüllung der Gebote ihm schwer fällt und er nicht immer Freude daran hat, muss er einsehen, dass die Annäherung zu G-tt mit der Stufe des „Knechts“ beginnt. Mit dem Kennenlernen der Wege G-ttes und der Erkenntnis Seiner Größe und gewaltigen Liebe zu uns, erreicht der Mensch schließlich das Niveau des „Sohnes“. G-tt „kennenlernen“ kann man vor allem durch das Thorastudium.
Zu Beginn der Annäherung an G-tt versuchen innere Triebe mit allen Mitteln den „G-ttesdiener“ zu verwirren und kämpfen hemmungslos gegen ihn an. Sobald er aber seinen inneren Trieben standfest entgegentritt – mit Entschlossenheit und dem richtigen Starrsinn – gelingt es ihm letztlich sie so sehr zu unterdrücken, dass das jüdische Leben im Lichte der Thora und ihrer Mitzwot zur Herzensfreude und wahrem Genuss wird!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 34)
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