Die Welt der Träume gehört zu den faszinierendsten Bereichen der menschlichen Psyche. Laut dem Judentum sind Träume sehr wohl von Bedeutung, und vor allem Träume, die von der Thora selbst behandelt werden.
In unserem Wochenabschnitt erfahren wir von den Träumen des Pharaos: von den sieben mageren Kühen, welche die sieben fleischigen Kühe verschlangen, und den sieben dünnen Weizenhalmen, die die sieben üppigen Weizenhalme vertilgten. Josef deutete die Träume des Pharaos.
Auch im letzten Wochenabschnitt lasen wir über Träume – nämlich Josefs Träume von den Garbenbündeln seiner Brüder und von Sonne, Mond und Sternen, welche sich vor ihm verbeugten.
Wenn man nun die Träume von Josef und dem Pharao vergleicht, fallen einige wesentliche Unterschiede auf. In der jüdischen Symbolik verkörpert Josef das Heilige und Gute, während der Pharao für die unreinen, negativen Kräfte steht. Der Unterschied zwischen ihren Träumen lässt auf das Wesen der Heiligkeit und Unreinheit in einigen Punkten schließen.
Warum arbeiten?
Der erste Unterschied: Die Träume Josefs beginnen sofort mit einem Akt des Fleißes und der Mühe – Und wir bündeln Garben auf dem Feld. Im Gegensatz dazu wird in den Träumen des Pharaos überhaupt nichts von Arbeit erwähnt. Die Kühe und Weizenhalme (welche für Segen und Überfluss stehen) erscheinen wie von alleine, ohne dass irgendeine Anstrengung notwendig ist.
Daraus lernen wir, dass man sich das Gute und Heilige verdienen muss, indem man dafür eine Leistung erbringt. Denn Dinge, die wahrhaftig gut sind, erlangt man nur durch Arbeit. Ein „geschenktes Brot“ nennt sich das „Brot der Schande“, an welchem man keine wahre Freude hat.
Aus diesem Grund setzte G-tt auf der Welt fest, dass das wahrlich Gute nur durch Arbeit erlangt werden kann. Ertrag und Erfolg, welche von der Unreinheit stammen, haben keinen Wert und sind nicht beständig. Deshalb kommen sie ohne jeglichen Fleiß.
Immer vorwärts
Der zweite Unterschied: Die Träume Josefs tendieren von unten nach oben gerichtet zu sein; bei den Träumen des Pharaos hingegen handelt es sich um einen Rückfall von oben nach unten. Die Träume Josefs beginnen mit Weizenhalmen, welche sich zu einem Bündel vereinen, und handeln schließlich von den Himmelskörpern. Die Träume Josefs steigen in ihrem Niveau.
Der Pharao aber träumt zuerst von Kühen (Lebewesen) und dann von Weizenhalmen (Pflanzen). Das ist ein Rückfall. Zuerst sieht er fleischige Kühe und dann magere. So verhält es sich auch mit den Weizenhalmen. Und schließlich verschlingen die mageren Kühe und dünnen Weizenhalme die fleischigen Kühe und üppigen Weizenhalme. Das ist eine klare Tendenz von oben nach unten, eine Stufe nach der anderen abwärts.
Unbeständig
Die Aspekte der Heiligkeit bestehen ewig. Veränderungen gibt es nur in Richtung Fortschritt und Aufstieg. Die Unreinheit hingegen hat keine wahre Beständigkeit, auch wenn das Böse und Negative bedrohlich erscheinen.
Praktisch bedeutet das: Sobald man etwas Gutes tun und sich im Dienst an G-tt stärken will, können Schwierigkeiten bei der Durchführung auftreten. Der Jude muss wissen, dass er sich dadurch nicht einschüchtern lassen darf, sondern fest entschlossen sein Vorhaben durchzuführen hat. Und sobald er seine gute Absicht unbeugsam durchsetzt, stellt sich heraus, dass alle Hürden (die negativen Kräfte) keinen echten Bestand haben, sondern „von Stufe zu Stufe absteigen“, bis sie völlig „verschlungen“ werden.
Für das Heilige und Gute muss man zwar arbeiten (und eben deshalb stellen sich Hürden in den Weg), doch andererseits, oder gerade deswegen, sind die Errungenschaften darin für die Ewigkeit und immer aufwärts tendierend.
(Likutej Sichot, Band 3, Seite 819)
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