Es gibt genug Orte auf der Welt, die von Juden bewohnt werden, deren jüdisches Umfeld aber einer öden Wüste gleicht. An diesen Orten gibt es keine jüdischen Einrichtungen (oder nicht ausreichend), koschere Lebensmittel sind sehr schwer zu bekommen, alles Jüdische ist sehr teuer usw. Es kann sich hierbei um zivilisierte Orte handeln, höchstentwickelte Länder mit einer blühenden Wirtschaft; aber auf „jüdischem Gebiet“ sind sie nicht viel mehr als „trockener, öder und fruchtloser Wüstenboden“.

Kompromisse

Was tut ein Jude, den es an einen solchen Ort verschlägt? Er könnte sehr schnell zu dem Entschluss kommen, dass es unter solchen Umständen unmöglich sei seinen bisherigen jüdischen Lebensstil fortzuführen, ja gar zu beginnen. Er muss Kompromisse machen. Anfangs verzichtet er auf Dinge, die seiner Ansicht nach weniger wichtig sind. Er erscheint viel weniger in der Synagoge und nimmt nicht mehr regelmäßig an Thorastunden teil.

Doch langsam, ohne es vielleicht zu merken, gibt er auch schon jüdische Werte auf, die sein Judentum überhaupt erst ausmachen. Er beginnt am Schabbat zu arbeiten, damit „ihn die Konkurrenz nicht in die Tasche steckt“. Koschere Kost wird ihm zu teuer. Das klassische Motto lautet dann: „Hier (in Österreich) ist das anders. Wir sind nicht in Israel, wo koschere Produkte billiger sind und der Schabbat als Ruhetag gilt. Würde ich in Israel leben, wäre das anders!“

Im Herzen der Abgeschiedenheit

Das sind Argumente, die Sinn machen. Unser Wochenabschnitt aber zeigt uns eine völlig andere Perspektive der Dinge. In ihm erfahren wir von der Arbeitsteilung unter den Familien der Lewiten beim Transport des Stiftszelts. Die Thora schildert uns die Reisestätten Israels in der Wüste und wie bei jeder von ihnen das Stiftszelt immer wieder aufs Neue errichtet wurde. Wir lesen den Wochenabschnitt und grübeln über seinen Inhalt, wobei uns erst auffällt, dass sich all dies in der Wüste abspielte, im Herzen aller Abgeschiedenheit!

Hätte G-tt mit dem Stiftszelt und dem damit verbundenen G-ttesdienst nicht warten können, bis das jüdische Volk ins Heilige Land einzieht? In der menschenlosen Wüste herrschten keine gewöhnlichen Lebensbedingungen. Überleben stand auf dem Motto.

Dennoch gebot G-tt schon in der Wüste den G-ttesdienst. Die Kinder Israels in all ihrer vierzigjährigen Wanderung trugen das Stiftszelt mit sich, bauten es an jeder ihrer vierzig Stationen auf und nach gewisser Zeit wieder ab, damit sie auch dort ihr Judentum praktizieren konnten. Die Wege der Thora sind nicht auf einen gewissen Ort beschränkt. Auch wenn es den Juden in die „abgelegenste Wüste“ verschlägt, kann und soll er „das Heiligtum G-ttes“ aufbauen!

Die Frau im Mittelpunkt

Obwohl diese Weisung der Thora jeden von uns betrifft, spricht sie im Besonderen die jüdische Frau an. Auch bei dem Heiligtum in der Wüste waren die Frauen diejenigen, welche als erste, vor den Männern, zu seinem Aufbau beitrugen. Ihr Verhalten zeugt von der besonderen Verbundenheit der jüdischen Frau mit dem Heiligtum G-ttes.

Das jüdische Haus ist wie ein kleiner Tempel. Die jüdische Frau hat sich die Erziehung der nächsten Generation zur Aufgabe gemacht. Sie wacht über das jüdische Haus mit all seiner zentralen Wichtigkeit. Vor allem an ihr liegt es den Grundstein für ein jüdisches Leben an jeden Ort, wo ihre Familie auch nur hingelangt, zu setzen. G-tt verlieh besonders der Frau die ungeheure Kraft ungute Einflüsse der Umgebung, die in das jüdische Haus einzudringen drohen, zu vertreiben, indem sie ihr Haus auf den Fundamenten der Thora gründet und ihren Kindern die Tradition unseres Volkes weitergibt!

Nicht umsonst wird der Exodus aus Ägypten den jüdischen Frauen zugesprochen, da sie seit jeher den Schlüssel für die Bewahrung der jüdischen Tradition in Händen halten. Da ist es dann auch kein Wunder, dass unseren Meistern zufolge1 vor allem die jüdische Frau die vollkommene Erlösung herbeiführen kann!

(Likutej Sichot, Band 2, Seite 296)