"Die Seelen des Hauses Jakobs, die nach Ägypten kamen, waren siebzig" [Bereschit 46, 27].

Die von der Tora angegebene Anzahl von jüdischen Seelen, die in Ägypten einzogen, beträgt siebzig. In der vorangehenden Einzelaufzählung (Bereschit 46, 8-27) finden wir jedoch nur neunundsechzig Seelen genannt. Gemäß Rabbi Chama Bar Chanina war die fehlende siebzigste Seele die von Jochewed, die an der Grenze zu Ägypten geboren wurde (siehe Babylonischer Talmud, Traktat Baba Batra 123a).

In Ägypten gab es zunächst eine Generation von Juden, die noch im heiligen Land geboren wurden. Juden, die in einer spirituell reinen Umwelt aufgewachsen sind. Juden, für die Ägypten eine fremde und verdorbene Gesellschaft war. Eine Gesellschaft, die sie nicht berührte und die sie weder verstehen noch beeinflussen konnten.

Folgende Generationen von Juden in Ägypten wurden bereits im ägyptischen Exil geboren. Juden, die lediglich mit den Erinnerungen und den Traditionen der alten Heimat aufgewachsen sind. Juden, die nur Ägypten als ihre Heimat kannten und die sich mit der Kultur sowie dem Milieu ihres Gastlandes arrangieren konnten, sich in dieses sogar einzuleben vermochten.

In Ägypten gab es aber auch eine jüdische Seele, die zwischen den Grenzen geboren wurde, nämlich als die Familie Jakobs gerade in Ägypten einzog. Eine Seele, die sich weder im ägyptischen Exil noch außerhalb davon stehend befand. Eine Seele, deren Vergangenheit integraler Bestandteil der Gegenwart war. Eine Seele, die mit der Fähigkeit ausgestattet war, Ägypten zu verwandeln ohne davon selbst beeinflußt zu werden.

Diese jüdische Seele war denn auch eine der beiden Hebammen, welche eine ganze Generation von gläubigen Juden unter der Schreckensherrschaft Pharaos hervorgebracht, beschützt und erzogen hat. Jene Jüdin war Jochewed, die Mutter Moses, Aarons und Miriams.

(Basierend auf den Lehren des Lubawitscher Rebben.)