Welcher Faktor ist er einzige und wichtigste, der den Homo sapiens, das menschliche Wesen vom Tier unterscheidet?
Mit dieser Frage begann eines morgens unsere Biologielehrerin der sechsten Stufe ihren Unterricht. Ein Aspekt wurde in den Klassenraum geworfen: Kommunikation? Logisches Denken? Das Bewusstsein über Richtig und Falsch? Wir warfen nur so mit Ideen um uns als „Sechste-Stufen-Philosophie“. Als gute Wissenschaftlerin stellte meine Biologielehrerin jede unserer Ideen in Frage. Tiere haben ein hochentwickeltes Denksystem. Die US-Navy hat das Kommunikationsverhalten von Delphinen untersucht und entdeckt, dass sie auf sehr effektive Art und Weise andere Delphine vor drohenden Gefahren warnen, indem sie einen Pfeifton über den Ozean schicken. Primaten haben uns ihr Bewusstsein für Gut und Böse bereits demonstriert. Unsere Lehrerin machte uns ratlos; schließlich kam sie zum Höhepunkt der Stunde. Menschliche Wesen sind Tiere. Es gibt keinen existenziellen Unterschied zwischen uns und ihnen. Unsere naive Sensibilität war erschüttert.
Ich fuhr fort, mit ihr zu streiten, obwohl mir längst alle rationellen Argumente ausgegangen waren. Noch konnte ich nicht aufgeben. Intuitiv stimmte ich ihrer These nicht zu.
Wissenschaftler und Soziologen spielen in der letzten Zeit mit dem Gedanken, dass menschliche Wesen ein „einheitliches theoretisches Bewusstsein für ihr näheres Umfeld, sowie für sich selbst besitzen.“ Obwohl Tiere hoch intelligente Wesen sind, haben sie doch nicht diese Art von theoretischem Wissen. Ich fand diese Idee der neuen Schule interessant, weil sie parallel zu einer sehr bekannten kabbalistischen These läuft.
Die Kabbala unterteilt jede Materie und alles Leben auf der Erde in vier generelle Klassifikationen. Die niedrigste Stufe ist anorganische Materie wie Erde, Wasser und Metall. Auf der nächsten Stufe steht das pflanzliche Leben, gefolgt vom tierischen Leben und zuletzt den menschlichen Wesen, den „Sprechern“, wie die Kabbalisten nennen. Diese vierteilige Hierarchie ist sehr bedeutend, da das Ziel jeder Klasse die Verbindung mit der nächst höheren ist, um einen Schritt höher zum Schöpfer aufzusteigen. Dies ist das spirituelle Ökosystem und funktioniert so: Angeschmiegt in reichen üppigen Erdboden wird ein zarter Keim bewässert, bis in ihm neues Leben sprosst. Nahrhaftes Grass, Früchte und Gemüse stehen so dem Tierreich zur Verfügung. Menschen profitieren von den drei Untergruppen: Von anorganischer, pflanzlicher, tierischer Materie. Und schließlich können wir die Abteilungen zur höchsten Stufe bringen, indem wir alle untergeordneten Verbindungen emporheben. Aber dieser Aufstieg um ein Vielfaches funktioniert nicht ohne einen authentischen das Essen genießenden Menschen. Falls der „Essende“ tierische Eigenschaften besitzt, wird der Aufstieg unterdrückt und kann nicht oder nur verzögert stattfinden.
Für ein Tier ist der Selbsterhaltungstrieb ganz natürlich und von G-tt gegeben, g-ttlich. Menschen wie Tiere zu behandeln ist eine armselige Verschwendung unserer Eigenschaften und gleichzeitig ein schlechter Dienst für die Tiere, die auf einer niedrigeren Stufe stehen und erwarten, durch unsere Hilfe auf eine höhere Stufe aufzusteigen.
Dies ist der Grund, warum G-tt uns sagt: „Jedes koshere Tier hat einen gespaltenen Huf, einen Huf, der geteilt ist in zwei Teile...“ (Deut. 11:26-16:17).
Dieses Gesetz enthält das Geheimnis der sicheren Transformation eines Tieres zum menschlichen Wesen.
Ein koscheres Tier steht auf gespaltenen Hufen. Um es kabbalistisch auszudrücken, symbolisieren der rechte und der linke Teil des Hufes zwei unterschiedliche Persönlichkeitstypen. Die rechte Seite enthält die Eigenschaften Liebe, Erbarmen und die Fähigkeit, „ja“ zu sagen. Die linke Seite repräsentiert Disziplin, angespannte Liebe und ein widerhallendes „Nein“! Der gespaltene Huf ist eine ausbalancierte Psyche. Auf ganz natürliche Weise tendieren wir mehr entweder zur rechten oder zur linken Seite. Das Wunderbare an der menschlichen Psyche ist die Fähigkeit, uns von unseren natürlichen Instinkten befreien zu können.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum wir wenige Tiere kennen, die Psychotherapie - wenn auch nicht aus eigener Initiative - in Anspruch nehmen. Denn der Antrieb, eine Therapie zu machen setzt den Glauben voraus, dass wir unsere Charaktereigenschaften verbessern können und ihnen nicht ausgeliefert sind.
Sobald wir aus unserer üblichen angenehmen und bekannten Handlungsweise aussteigen und ein effektiveres Leben ausprobieren, werden wir ein wahrer „Mensch“, ein g-ttliches Wesen. Auf diese Weise nutzen wir auch die Energie unserer Nahrung dazu, um ein reiches, bedeutungsvolles Leben zu führen.
Tiere sind unglaublich effektive Kommunikationspartner. Tiere mit gespaltenen Hufen haben sogar die Möglichkeit, uns zu dazu zu bringen, ihnen eine Art Gefallen zu tun, nämlich ein wahrer Mensch zu sein!
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