Häufig kann eine kurze Lektion zum gigantischen Paradigmenwechsel werden.

Rabbi Schneur Zalman aus Liadi beteiligt uns an solch einer Lektion, die er von seinem Meister, dem frommen Maggid von Mezeritch, lernte. Sie basierte auf dem Vers: "Ein stetiges Feuer soll brennen auf dem Altar; es soll nicht gelöscht werden."1

Nur ein Opfer auf dem Altar darzubringen, ist unzureichend, lehrte der Maggid. Dazu ist ein Feuer unter dem Opfer zu entzünden. Und dieses Feuer ist fähig, alles Negative auszulöschen. Lo tichbeh (wortgetreu: „Es soll nicht ausgelöscht werden“), wurde vom Maggid auf folgende Weise interpretiert: „Es soll das „Nein“ (lo) löschen (tichbeh), das Negative, die Negation.

Die Kabbala erklärt uns, dass jeder von uns einen mikro-kosmischen Altar besitzt, auf dem er seine Opfer für G-tt darbringt. Ein bloßes Opfer jedoch, ohne Feuer, ist unzureichend. Ebenso ist Disziplin und Engagement zur Selbstentwicklung ohne Liebe wirkungslos. Daher leitet uns die Tora an, stets ein Feuer auf dem Altar brennen zu lassen.

Das Feuer, das den Altar anheizt, ist so mächtig, dass es in der Lage ist, jedes einzelne Element, das sich ihm in den Weg stellt, vollkommen zu zerstören. Leidenschaft hat die Fähigkeit, Probleme auszulöschen, zu beseitigen. Wenn du darauf konzentriert bist, G-tt zu lieben, brauchst du dein Augenmerk nicht so sehr auf deine Charakterschwächen und Unzulänglichkeiten zu fokussieren.

Dieses Konzept erinnert mich an eine Geschichte, bei der die Sonne und der Wind miteinander kämpfen, um den einsamen Mann dazu zu bewegen, seine Jacke auszuziehen. Der Wind blies heftig, aber der Mann klammerte sich nur umso intensiver an seine Jacke. Aber plötzlich fiel die Wärme der Sonne auf ihn, und der Mann zog seine Jacke von selbst aus, auf ganz natürliche Art.

Lass ein kleines Feuer kontinuierlich auf deinem eigenen Altar brennen, und „lo tichbeh“ – das „Nein“ wird ausgelöscht; dieser lebendige Wechsel des Denkmusters wurde von den chassidischen Meistern verbreitet.

Es gibt zwei Wege, mit unseren inneren Dämonen und Fehlfunktionen umzugehen. Am natürlichste ist es, dagegen anzukämpfen. Dabei kritisieren wir uns für unsere Unzulänglichkeiten und Fehler, um so zu verhindern, dass sie sich wiederholen. Doch manchmal kann diese Frontalmethode zu unserem Nachteil werden, und die Frustration über so viel Energie in Selbstkritik unserer Charakterschwächen verschlimmert alles.

Die zweite Herangehensweise wirkt durch Entwickeln einer Leidenschaft für G-tt und für spirituelle Entfaltung. Im Moment des Zirkulierens leidenschaftlicher Energie steht weniger Energie für störende Tendenzen zur Verfügung, und der Fokus liegt somit weniger auf ihnen.

Wenn du das Leben liebst, wirst du dich weniger unbedeutend fühlen, so dass dich deine Unzulänglichkeiten nicht herunterziehen können. Wenn du deinen Partner wirklich liebst, wirst du dich wahrscheinlich weniger über seine Schwächen aufregen. So manches Mal ist in einer Partnerschaft ein liebevolles Wort ein wesentlich effektiverer Katalysator für Veränderungen, als die Probleme haarklein zu hinterfragen. Ein Teenager, dessen Lebhaftigkeit durch wohlwollende Begleitung kanalisiert wird, braucht keine Regeln zu brechen.

Lo tichbeh — das Negative wird gelöscht.

Der Maggid lehrte Rabbi Schneur Zalman auch, wie G-tt auf unser selbst erzeugtes Feuer reagiert. „Unsere Taten sind ein „Erwachen von Unten“, die ein „Erwachen von Oben“ erzeugen. Unser Feuer und unsere Leidenschaft zieht das Feuer G-ttes auf sich, weil die Natur der spirituellen Welt bedeutet, dass „der Geist den Geist anlockt.“

Moses und Aaron kannten ebenfalls dieses Geheimnis. Sie verstanden, das Volk Israel bedurfte einer Reinigung seit der Sünde des goldenen Kalbs, damit die Schechina, die g-ttliche Gegenwart auf dem Zelt der Begegnung (Stiftshütte) ruhen konnte. Doch anstatt noch mehr Reue und Selbstprüfung zu verlangen, brachte Moses den Juden bei, wie sie in sieben Tagen ihre leidenschaftliche Hingabe zu G-tt intensivieren können. Sieben Tage lang errichtete Moses das Allerheiligste, brachte alles an seinen vorgesehenen Platz, aber G-ttes Feuer, die Manifestation der Schechina (G-ttlichen Gegenwart), kam absolut nicht. Jeden Tag entfachte Moses auf dem Altar ein Feuer, baute die Intensität der kollektiven Liebe des Volkes auf, damit sie Wunder wirken und jeglichen Überrest der Sünde hinweg brennen konnte, um so „das „Nein“ (das Negative) auszulöschen“. Am achten Tag war ihre Liebe so mächtig, dass ihre Umgebung vollständig gereinigt war. Ein Feuer vom Himmel ließ sich daraufhin auf dem Zelt der Begegnung nieder. G-tt hatte sich endgültig mit ihnen fest verbunden. Nun würde die Stiftshütte für die Ewigkeit heilig sein.

In unserem eigenen persönlichen Zelt der Begegnung, unserem inneren Allerheiligsten, funktionieren die Dinge auf ähnliche Weise. Wir können Mauern errichten und Gefäße vorbereiten, während jedoch unsere persönlichen Schwächen unser Gefühl für die Gegenwart G-ttes in unserem Leben zu blockieren scheint. Die Lösung, die uns Moses lehrt, ist unser Feuer unter dem Altar zu intensivieren, unsere Liebe zu G-tt neu aufzuladen und zu stärken. Hitze ist das leistungsstärkste Mittel, und wird auf natürliche Weise jegliche negative Energie in unserem Lebensumfeld auflösen. G-tt ist überaus angezogen von unserer Liebe zu ihm und wird sie immer mit SEINEM eigenen Feuer beantworten.

So ist es manches Mal besser, sanfter an sich zu arbeiten, statt noch härter. „Fache dein Feuer an“, sagt der Maggid, „und deine inneren Dämonen können dahin schmelzen.“2