Ein König war sehr stolz auf seine Schießkünste. Er übte jeden Tag und veranstaltete Wettkämpfe. Obwohl er schon sehr gut war, wollte er immer besser werden.
Eines Tages reiste er durchs Land und bemerkte mehrere Zielscheiben vor einem kleinen Bauernhaus. Als er genauer hinschaute, sah er zu seinem Erstaunen, dass jeder der vielen Pfeile in den Scheiben genau in der Mitte steckte. Dieser einfache Bauer war offenbar ein guter Schütze – er hatte jedes Mal das Zentrum getroffen!
Wir lassen uns oft durch persönliche Interessen oder Gefühle beeinflussenNeugierig klopfte der König an die Tür. Der Bauer öffnete und lachte, als der König ihn befragte. „Das ist ganz einfach“, antwortete er. „Ich werfe zuerst die Pfeile, dann zeichne ich die Kreise um sie herum! Das klappt immer.“
Der Wochenabschnitt Schoftim (Deut. 16:18–21:9) verbietet Richtern, sich bestechen zu lassen. Die Tora erklärt das so: „Bestechung trübt das Auge des Weisen.“
Wahrscheinlich denken Sie jetzt: „Das ist doch wohl klar!“ Stimmt, aber die Tora will hier nicht erklären, was daran falsch ist, einen Richter zu bestechen – das ist offensichtlich unmoralisch.
Die Tora warnt vielmehr vor einer anderen Gefahr. Viele Leute sagen: „Ich kann in diesem Fall objektiv sein, obwohl er meine Interessen berührt.“ Obwohl wir wissen, wie schwierig es ist, unter solchen Umständen richtig zu urteilen, reden wir uns ein, wir seien immun gegen Bestechung und intellektuell wie emotional fähig, Tatsachen von Gefühlen zu trennen.
Aber die Tora warnt uns: dass Bestechung unser Urteil trübt, ist nicht nur möglich, nicht nur wahrscheinlich, sondern unvermeidlich. Sie macht uns blind für die Wirklichkeit, und niemand ist dagegen immun.
Wir alle sind Richter, und zwar immer. Wir müssen ständig wichtige Entscheidungen treffen, die klares Denken und die Prüfung der Tatsachen voraussetzen. Aber wir lassen uns oft durch persönliche Interessen oder Gefühle beeinflussen. Wir mögen die besten Absichten haben; dennoch können wir keine objektive Entscheidung treffen, weil „Bestechung unser Auge trübt“.
Darum ist es sehr wichtig, dass jeder von uns einen Mentor hat, einen objektiven Menschen, der uns entscheiden hilft und dem wir vertrauen. Bevor Sie etwas unterschreiben, sollten Sie mit jemandem darüber sprechen, der an der Sache nicht beteiligt ist, um sicher zu sein, dass Sie auf die Zielscheibe schießen und sie nicht Ihren Wünschen anpassen.
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