Lieber Leser,
Rosch Haschana ist der "Geburtstag des Menschen", das Datum im jüdischen Kalender, an dem der Mensch geschaffen worden ist, letztes aller Lebewesen und dabei dasjenige, das auf dem höchsten Stand der Entwicklung steht. Es ist des Menschen Intellekt, der ihn vor den Tieren auszeichnet.
Man hätte deshalb sogar erwarten können, dass der G-ttesdienst zu Rosch Haschana ganz besonders die Form von hochstehenden intellektuellen Erörterungen und Diskussionen annehmen würde; und damit denn wäre des Menschen Überlegenheit über alle anderen Formen der Schöpfung klar angezeigt.
Stattdessen jedoch steht im Mittelpunkt das G-ttesdienstes für Rosch Haschana die Tekiat Schofar, das Blasen des Widerhorns. Schon in alten Zeiten gab es, wie wir aus der Geschichte wissen, vortreffliche musikalische Instrumente. Aber schöne, elegante Musik, mit großartigen Instrumenten produziert, ist hier nicht am Platze. Die Vorschrift von Tekiat Schofar besagt ausdrücklich, dass ein einfaches, kunstloses Horn, das einen einfachen Ton hergibt, benutzt werden muss.
Hierin ist eine tiefe Lehre enthalten. Rosch Haschana, Anfang und Grundlage des ganzen Jahres, wird durch den Schall aus dem Horn eines Tieres angekündigt, um uns dies zu lehren: Zwar ist der Mensch ein mit Intelligenz ausgestattetes Wesen, und er muss im täglichen Leben ständig den Verstand und die Vernunft zur Anwendung bringen; jedoch ist die Vorbedingung dieser Geistigkeit seine Unterwerfung unter G-tt – eine so absolute Unterwürfigkeit, wie sie ein intelligenzloses Tier zeigt.
Chag Sameach, Ketiwa weChatima Towa und Schabbat Schalom