Zum Thema "Tefillin" sei heute, zusätzlich zu den vor einigen Wochen (zur Sidra Reeh) gebrachten Bemerkungen, weiteres ausgeführt, unter spezifischer Bezugnahme auf die derzeitige allgemeine Lage in der Welt.

Wir leben heute in einer wilden, ungezügelten Welt, in der Gewalt und Ungerechtigkeit herrschen; unter der Jugend insbesondere nimmt das Verbrechertum weiter zu, und überhaupt zeigt sich auf keinem Gebiete, dass die Kriminalität irgendwie zurückgeht. Für all dies gibt es eine tiefere Ursache, einen Umstand, der (möglicherweise an der Oberfläche gar nicht leicht zu erkennen) diese tragischen Probleme init sich bringt oder auslöst. Dieser Umstand ist, urgründlich, der Widerstreit zwischen Verstand und Herz - das "Herz" mit seinen mächtigen Trieben und der Verstand mit seinen vernünftigen Überlegungen.

Das Herz mag von einem treibenden Verlangen nach des anderen Hab und Gut erfüllt sein, ein Gelüste, das scheinbar nur durch die Anwendung von nackter Gewalt erfüllt werden kann. Dem Verstand leuchtet klar ein, dass Gewalt nur wieder Gewalt auslöst, so dass der betreffende seinerseits schliesslich selbst ein Opfer des Gegendruckes neuer Gewalt wird, auch wenn er sich der Polizei und den Gerichten zu entziehen versteht. Dennoch schlägt er in den Wind, was ihm die Vernunft eingibt, und er macht sich auf einen Weg, von dem es keine Umkehr gibt - und all dies, obwohl er eigentlich wohl weiss, dass es ihm keinen wirklichen Nutzen einbringen wird, nicht einmal in materieller Hinsicht.

Die Streitmächte dieses inneren Kampfes stehen in Schlachtordnung da: der Verstand mit seinen Regeln der Vernunft und "das Auge, das sieht, und das Herz, das gelüstet" (Raschi zu Num. 15, 39). Da sieht er also etwas, das jemand anderem gehört. Seine Vernunft ist machtlos, sein Herz zu überzeugen; und so verleitet dieses ihn auf die schlüpfrige Strasse, die in den Abgrund führt, und übertönt jeden Einspruch, den sein Verstand erheben will.

Wo Herz und Verstand auf solche Weise miteinander kämpfen und der Verstand besiegt wird, wo Triebe und Gefühlserregungen uneingeschränkte Vorherrschaft haben, werden die Keime zu einer Tragödie schnell gesät.

Der Talmud (Sota 3a) drückt diese Gedanken kurz und markant aus: "Der Mensch sündigt nur, wenn Torheit bei ihm Einzug hält." Diese "Vernarrtheit", wenn wir es so nennen dürfen, herrscht über den Menschen und überwältigt seinen Sinn und Verstand, die an sich gewillt und gewappnet wären, gegen die Dummheit der Sünde anzugehen. Er versteht sehr wohl - zumindest in seinen Gedanken, wenn auch nicht in seinen Taten ausgedrückt -, dass er mit einer ungerechten Handlung gegen jemand anderen eigentlich nur eine Grube gräbt, in die er selbst unaufhaltsam fallen muss.

Es gibt nur eine Abhilfe: Das Herz muss gebändigt und daran gewöhnt werden, den Regeln der Vernunft zu gehorchen. Das Werkzeug hierfür, das Symbol der erforderlichen Unterwürfigkeit des Herzens, der Begierden und der Leidenschaften, sind die Tefillin der Hand, die "auf das Herz weisen". Die Wünsche des Herzens müssen Prinzipien gehorchen, sie müssen mit der Tora im Einklang stehen; und sollten sie ohne Gewissen sein, sollte ein Mensch nach verbotenen Dingen begehren, unmoralische Gelüste haben, dann müssen sie gezügelt und gemeistert werden.

Hand und Arm sind nicht frei, all das auszuführen, was an Unsinn und Torheit dem Herzen einfallen mag. Die Lederriemen der Tefillin werden um den Arm gewunden, so dass dadurch seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Der Arm ist nicht frei, sich gegen G-ttes Willen zu bewegen, jemand anderem Schaden zuzufügen, zu rauben, zu plündern; denn die Riemen haben den Arm gebunden, G-tt zu "lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit all deiner Kraft" (Deut. 6, 5).

Zusammenfassende Übersicht:

Für die heutige ungezügelte Welt ist die Symbolik der Tefillin von unveränderter Bedeutung: Die Gelüste des Herzens, die so oft den Regeln der Vernunft zuwiderlaufen und großen Schaden tun, müssen eingedämmt werden.