Die große Jeschiwa von Woloschin lebte wie alle jüdischen Einrichtungen von großen und kleinen Spenden gutherziger Juden.

Der Spendensammler war ein armer Mann, der durch die Dörfer ging. So verdiente er Geld für sich und die Jeschiwa. Einmal, zu Beginn seiner Rundreise, kam ihm der Gedanke, dass er mit besseren Kleidern auf potenzielle Spender viel mehr Eindruck machen würde. Was mussten die Leute von ihm denken, wenn er wie ein Bettler an ihre Tür klopfte? Das würde sogar negativ auf die Jeschiwa abfärben, meinte er.

Darum bat er Reb Chaim, den Leiter der Jeschiwa, einen respektablen Anzug für ihn zu kaufen. Reb Chaim war sofort einverstanden. Aber dann hatte der Spendensammler noch eine Idee. Ein Pferd und eine Kutsche, dachte er, würden noch mehr Eindruck machen, und außerdem konnte er damit größere Strecken zurücklegen. Auch dieser Vorschlag wurde gut aufgenommen.

Der Spendensammler, der jetzt wie ein feiner Herr aussah, machte sich mit neuer Energie auf den Weg. Zuerst besuchte er einen reichen Bauern, der immer großzügig gespendet hatte. Diesmal jedoch war alles anders – der Bauer gab ihm keinen Pfennig. Der Spendensammler war verdutzt. Obwohl er jetzt bestens für seinen Auftrag gerüstet war, zeigte man ihm die kalte Schulter.

Enttäuscht und verwirrt kehrte er zu Reb Chaim zurück und gestand, dass seine Idee wenig Erfolg gebracht hatte. Bald darauf besuchte Reb Chaim den Bauern selbst. Er wurde mit dem Respekt empfangen, der einem großen Gelehrten gebührte, und redete mit dem Bauern. Dann stellte er ihm die Frage, wegen der er gekommen war:

„Warum unterstützt du die Jeschiwa nicht mehr?“

Der Bauer antwortete: „Nun ja, früher war ich sicher, dass ich für einen guten Zweck spendete, für die Ausbildung der Studenten. Aber jetzt sehe ich, dass ich mich geirrt habe. Euer Spendensammler ist ein gut gekleideter Mann in einer neuen Kutsche. Für solche unnötigen Dinge möchte ich kein Geld geben!“

Reb Chaim nickte zustimmend. „Das verstehe ich. Aber erlaube mir, dir die wahre Situation zu erklären. Du weißt, was über Bezalel geschrieben steht, der das Heiligtum baute, als die Juden durch die Wüste zogen: ‚Und ich erfüllte ihn mit dem Geist G-ttes, mit Wissen, Verstand und Weisheit ..., um schöpferische Arbeit zu leisten ... mit Gold, Silber und Kupfer.‘ Aus diesem Vers könnte man schließen, dass alle Spenden in den Bau des Allerheiligsten flossen. Aber dem war nicht so.

Die Spenden kamen allen Aspekten des Bauwerkes zugute. Bezalel hatte die g-ttlich inspirierte Fähigkeit zu sehen, was die einzelnen Spender bezweckten. Jene, die nur zum Ruhme Haschems spenden wollten, hatten es verdient, dass ihr Beitrag unmittelbar dem Allerheiligsten zugute kam.

Die Spenden derjenigen, die ihr Ansehen steigern wollten, flossen anderen Zwecken zu. Alles hing also von der Aufrichtigkeit und Reinheit der Spender ab. Das Gleiche gilt hier. Du hast immer mit reinem Herzen gespendet; darum haben wir dein Geld immer für das Tora-Studium verwendet. Bei anderen ist das Motiv weniger rein. Gewiss, auch sie wollen der Jeschiwa helfen, doch gleichzeitig wollen sie ihr Ansehen erhöhen. Mit dem Geld dieser Leute unterstützen wir andere Aspekte der Jeschiwa.

Wie du siehst, sind das Erscheinungsbild unseres Spendensammlers und sein Gefährt ebenfalls wichtig, wenn auch nicht so sehr wie das Studium.“

Der reiche Bauer war erfreut über diese Erläuterungen. „Rabbi, ich danke Euch sehr! Ehrlich gesagt, ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich den Mann abwies. Da ich jetzt weiß, dass mein Geld sinnvoll verwendet wird, gebe ich Euch meine übliche Spende.“