Rabbi Akiwa begann sein Torastudium spät im Leben, nachdem er Rachel geheiratet hatte. Einer seiner ersten Lehrer war der große Gelehrte Rabbi Tarfon.

Jahre später, als Akiwa selbst ein berühmter Gelehrter und Lehrer war, wurde Rabbi Tarfon einer seiner Kollegen. Ihre Freundschaft blieb eng, und obwohl Akiwa sein Schüler gewesen war, erkannte Rabbi Tarfon die Größe seines ehemaligen Schülers und betrachtete ihn als ebenbürtig.

Akiwa widmete einen Großteil seiner Kraft der Mizwa Zedaka (Mildtätigkeit) und dachte immer an die Bedürfnisse der Gemeinde.

Rabbi Tarfon war sehr reich, und obwohl er den notwendigen Betrag spendete, störte Akiwa sich daran, dass Tarfon nicht einen größeren Betrag spendete, der seinem großen Vermögen entsprach. Akiwa wollte seinen Freund und Lehrer jedoch nicht in Verlegenheit bringen, und er konnte einen so angesehenen Tora-Gelehrten nicht direkt auf das Problem ansprechen. Dennoch wollte er Rabbi Tarfon zeigen, wie er mehr für diese wichtige Mizwa tun konnte. Also überlegte er, wie er Rabbi Tarfon höflich und indirekt dazu bringen konnte, den Armen mehr Geld zu geben. Schließlich legte er sich einen Plan zurecht.

Akiwa und Tarfon studierten oft die Tora zusammen und freuten sich über die Gelehrsamkeit und die tiefen Gedanken des anderen. Eines Tages nach ihrer Sitzung sagte Akiwa zu Tarfon:

„Ich habe eben von einem wunderbaren Angebot gehört. Wenn du willst, kann ich für dich ein oder zwei Dörfer mit Feldern kaufen.“ Tarfon freute sich über diese gute Investition und bevollmächtigte Akiwa, den Kauf für ihn zu tätigen.

„Das ist ja großartig. Wenn ich ein leichtes, regelmäßiges Einkommen habe, kann ich dem Studium der Tora noch mehr von meiner kostbaren Zeit widmen. Ja, bitte, schließ den Handel für mich ab.“ Tarfon gab Akiwa viertausend Golddinar, um eine der Gemeinden zu kaufen.

Akiwa war überglücklich. Sofort verteilte er das Geld an viele Arme, vor allem an die armen Lehrer, welche die Kinder ihrer ebenso armen Mitjuden unterrichteten. Diese engagierten Lehrer litten oft monatelang große Not, wollten aber ihre jungen Schüler nicht im Stich lassen. Tarfons Gold linderte das schlimme Elend der Armen erheblich, und ihr Torastudium gedieh wie eine dürstende Pflanze nach einem Sommerregen.

Einige Zeit später traf Rabbi Tarfon seinen Kollegen und fragte ihn:

„Hast du das Dorf gekauft, von dem du gesprochen hast?“

„Ja, ich habe es gekauft“, antwortete Akiwa. Tarfon wollte seinen neuen Besitz unbedingt besichtigen, und die beiden Männer brachen auf. Doch anstatt seinen Freund in ein fernes Dorf zu führen, brachte Akiwa ihn in eine der örtlichen Studienhallen der Stadt.

„Warum bringst du mich hierher?“, fragte Tarfon überrascht.

„Ich will die Ländereien inspizieren, die du für mich gekauft hast!“

„Die sind hier, das ist deine Gemeinde!“, erklärte Akiwa und zeigte auf ein Buch der Psalmen in der Hand eines kleinen Jungen. Er bat das Kind, etwas vorzulesen, und der Knabe wählte die Zeilen „Er hat großzügig gegeben, er hat den Armen gegeben, seine Rechtschaffenheit währet ewig.“ Tarfon sah seinen Freund und Kollegen an und verstand, dass Akiwa ihm eine wertvolle Lektion erteilt hatte.

Tarfon war ein bescheidener Mann und akzeptierte Akiwas Ermahnung. Es gefiel ihm, wie behutsam und höflich Akiwa vorgegangen war. Er umarmte ihn herzlich.

„Du bist mein Lehrer und Meister – mein Lehrer der Weisheit, denn du hast bewiesen, dass du weiser bist als ich; und mein Meister im Unterrichten, denn du hast mir gezeigt, wie man einen anderen ermahnt, ohne ihn in Verlegenheit zu bringen.“ Tarfon lernte seine Lektion gut und spendete von da an reichlich für die Armen.